Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Weiter Ermessensspielraum der Eigentümer bei Festsetzung des Jahreswirtschaftsplanes
Beschlussfassung über Einzelwirtschaftspläne kann entbehrlich sein
Verpflichtungsantrag auf Zustimmung zu Wirtschaftsplan
Normenkette
§ 21 Abs. 4 WEG, § 28 WEG
Kommentar
1. Eigentümer haben bei der Festsetzung des Jahreswirtschaftplanes, insbesondere bei den Heizkosten und der Instandhaltungsrücklage einen weiten Ermessensspielraum, ob sie die Ansätze knapp oder reichlich festlegen wollen. Ein solcher Ermessensspielraum sei erst dann überschritten, wenn der Wirtschaftsplan die mit einiger Sicherheit zu erwartenden laufenden Aufwendungen nicht decken würde. Gerade bei konkretem Instandsetzungsbedarf liege es im Übrigen auch näher, im Einzelnen über die Reihenfolge der Arbeiten zu beschließen und Sonderumlagen festzusetzen, anstatt Pauschalbeträge für eine Rücklage auszuwerfen. Im Zuge der Anfechtung eines Wirtschaftsplangenehmigungsbeschlusses gestellte Anträge auf Zustimmung zur Genehmigungsverpflichtung zu höheren Wirtschaftsplanansätzen blieben hier auch nach Ablauf der Wirtschaftsperioden zulässig, da das Amtsgericht noch vor Ablauf der ersten Wirtschaftsperiode ersatzweise einen Wirtschaftsplan aufgestellt und diesen durch einstweilige Anordnung für sofort wirksam erklärt habe (vgl. hierzu KG Berlin, Entscheidung v. 22. 10. 1990, 24 W 4800/90). Bei der Höhe der Ansätze der Wirtschaftspläne habe jedoch das Gericht nicht etwa sein Ermessen an die Stelle der Eigentümermehrheit zu setzen.
2. Wirtschaftsplangenehmigungsbeschlüsse seien nicht schon deshalb für ungültig zu erklären, wenn nicht auch zugleich Einzelwirtschaftspläne mitbeschlossen worden seien. Gerade der vorliegende Fall, in dem die von der Verwaltung vorgeschlagenen Ansätze von der Mehrheit in der Versammlung herabgesetzt wurden, spreche gegen das Erfordernis der gleichzeitigen Beschlussfassung über Einzelwirtschaftspläne zur Fälligstellung der Wohngelder. Bei Herabsetzungswünschen müsste hier zur endgültigen Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan eine neue Versammlung einberufen werden (mit wieder möglichen Änderungswünschen). Auch das BayObLG (NJW-RR 1990, 720) lasse einen Gesamtwirtschaftsplangenügen, wenn sich die auf die Wohnungseigentümer ergebenden Beträge unschwer ermitteln ließen. Im Übrigen wäre bei einem solchen Mangel nur eine entsprechende Ergänzung, nicht aber die ersatzlose Aufhebung des gefaßten Beschlusses möglich und geboten (BayObLGZ 1989, 310 = WE 1990, 179).
3. Ist nur subsidiär Anfechtung beantragt und in erster Linie Zustimmung zu Wirtschaftsplänen mit höheren Ansätzen, sind solche Verpflichtungsanträge zulässig; bis zum Ablauf der Wirtschaftsperiode könne das Gericht ersatzweise einen Wirtschaftsplan unter bestimmten Voraussetzungen aufstellen ( KG Berlin, Entscheidung vom 22. 10. 1990, 24 W 4800/90). Gelangt hier ein Gericht nicht zur Aufstellung eines neuen Wirtschaftsplans, muss es dem Interesse des Antragstellers entsprechen, dass zumindest der beschlossene Wirtschaftsplan bestehen bleibe, mögen die Ansätze auch vermeintlich zu gering sein; würde das Gericht ohne Aufstellung eines neuen Wirtschaftsplans dennoch den Mehrheitsbeschluss für ungültig erklären, bedürfte es einer neuen Beschlussfassung der Eigentümer über den Wirtschaftsplan, die aber nach Ablauf der Wirtschaftsperiode nicht mehr durchgeführt werden könnte, da dann Eigentümer nur noch auf die Abrechnung angewiesen wären.
Unabhängig vom Willen eines Antragstellers komme aus Rechtsgründen die Ungültigerklärung eines Wirtschaftsplans wegen angeblich zu niedriger Ansätze solange nicht in Betracht, wie das Gericht nicht zu einer Festsetzung eines neuen Wirtschaftsplans mit höheren Ansätzen gelange. Wird die Feststellung eines anderen Wirtschaftsplans wie im vorliegenden Fall vom Gericht abgelehnt, so scheidet die Ungültigerklärung eines gefassten Eigentümerbeschlusses regelmäßig aus. Andernfalls wäre ein Wirtschaftsplan ersatzlos beseitigt mit der Folge, dass die Fälligkeit sämtlicher Wohngelder entfiele.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 11.02.1991, 24 W 4560/90)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Betrachtet man den Wortlaut der Regelung des § 28 Abs. 1 WEG, so überzeugt mich nach wie vor nicht die Meinung, dass zugleich auch bei Wirtschaftsplangenehmigungen die anteilige Aufteilung der Wohngeldvorschüsse (Einzelwirtschaftspläne) entbehrlich sei, ungeachtet der Erschwernisse etwa notwendiger Änderungen bei gewünscht geänderten Positionen aus dem Gesamtwirtschaftsplan. Man könne hier auch zur Vermeidung neuerlicher Beschlussfassungen Wirtschaftsplangenehmigungen mit entsprechender Maßgabe beschließen und notwendige rechnerische Korrekturen auch der Einzelwirtschaftspläne separatem Wohngeldanforderungsschreiben der Verwaltung auf der Basis des gefassten Beschlusses überlassen; mit entsprechender Änderungsmaßgabe wäre dann m. E. nach wie vor von einer Beschlussgrundlage auch hinsichtlich der Einzelanforderungen auszugehen.