Leitsatz
Die Wohnungseigentümer haben eine Beschlusskompetenz zu bestimmen, dass ein konkreter Wirtschaftsplan bis zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan fortgelten soll; eine abstrakt-generelle Regelung des Inhalts, dass jeder künftige Wirtschaftsplan bis zur Verabschiedung eines neuen fortgelten soll, bedarf hingegen der Vereinbarung.
Der Verwalter wird weder durch einen konkreten Fortgeltungsbeschluss noch durch eine generelle Fortgeltungsvereinbarung von der Pflicht entbunden, auch für das folgende Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen.
Normenkette
WEG § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5
Das Problem
In § 16 der Gemeinschaftsordnung (GO) heißt es wie folgt:
Der in § 14 erwähnte Wirtschaftsplan soll jeweils für ein Geschäftsjahr im Voraus vom Verwalter vor Jahresbeginn aufgestellt werden. Dieser vom Verwalter vorgelegte Wirtschaftsplan ist für alle Eigentümer verbindlich. Er kann nur durch einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer geändert werden.
Im Jahr 2014 fassen die Wohnungseigentümer folgenden Beschluss:
Der Verwalter stellt den Antrag, den Gesamtwirtschaftsplan 2015 zu genehmigen, der so lange Gültigkeit hat, bis über einen neuen Wirtschaftsplan beschlossen wird.
- Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Er begehrt die Feststellung, dieser sei nichtig, hilfsweise, er sei insoweit nichtig, als er so lange Gültigkeit haben solle, bis über einen neuen Wirtschaftsplan beschlossen ist. Das Amtsgericht (AG) weist die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung bleibt erfolglos. Der Beschluss sei nicht wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig. Zwar sei ein Beschluss nichtig, der unabhängig von einem konkreten Wirtschaftsplan generell die Fortgeltung eines jeden Wirtschaftsplans – bis zur Verabschiedung eines neuen – zum Gegenstand habe. Wirksam sei aber ein Beschluss über die Fortgeltung eines konkreten Wirtschaftsplans bis zur Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan. So liege es im Fall. Denn der Beschluss beziehe sich nur auf die Fortgeltung des konkreten Wirtschaftsplans 2015 und ordne nicht die generelle Fortgeltung aller zukünftig beschlossenen Wirtschaftspläne an.
- Mit Revision verfolgt K seinen Antrag weiter. Ohne Erfolg!
Die Entscheidung
Das Landgericht (LG) gehe zu Recht davon aus, dass die Wohnungseigentümer über die erforderliche Beschlusskompetenz für den gefassten Beschluss verfügten.
Kommentar
Konkrete Fortgeltung möglich
- Aus § 28 Abs. 5 WEG folge eine Kompetenz, zu beschließen, dass ein konkreter Wirtschaftsplan bis zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan fortgelten solle (Hinweis u.a. auf Wicke in Palandt, WEG, 78. Auflage, § 28 Rn. 7 und Gottschalg, NZM 2001, S. 950). Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG habe der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen, über den die Wohnungseigentümer gemäß § 28 Abs. 5 WEG durch Stimmenmehrheit beschlössen. Der so beschlossene Wirtschaftsplan sei Grundlage der Vorschusspflicht aus § 28 Abs. 2 WEG. Mit dem Auslaufen des Kalenderjahrs, für das der Wirtschaftsplan aufgestellt und beschlossen worden sei, ende die Vorschusspflicht. Dies habe zur Folge, dass eine Liquiditätslücke entstehe, wenn über den neuen Wirtschaftsplan erst im Folgejahr beschlossen werde, etwa weil sich die Beschlussfassung verzögert habe oder weil der neue Wirtschaftsplan erst mit der Abrechnung für das vergangene Jahr beschlossen werden solle. Es bestehe daher ein praktisches Bedürfnis dafür, dass die Wohnungseigentümer die Fortgeltung des aktuellen Wirtschaftsplans beschließen könnten. Die Regelung in § 28 Abs. 1 WEG stehe einem solchen Beschluss auch nicht entgegen. Sie ordne lediglich an, dass der Wirtschaftsplan jeweils für ein Kalenderjahr aufzustellen sei.
- Durch eine abstrakt-generelle Anordnung der Fortgeltung künftiger Wirtschaftspläne würde hingegen von der in § 28 Abs. 1 WEG gesetzlich vorgesehenen Geltungsdauer der Wirtschaftspläne abgewichen; eine solche Regelung könnte nicht durch Beschluss, sondern nur durch eine Vereinbarung getroffen werden. Die Kompetenz für einen solchen Beschluss lasse sich auch nicht aus § 21 Abs. 7 WEG ableiten (Hinweis auf a.A. Abramenko, ZWE 2012, S. 386, 387), denn er beträfe nicht lediglich die Fälligkeit von Forderungen aus dem Wirtschaftsplan, sondern ließe, da er selbst Rechtsgrundlage der Vorschusspflicht nach § 28 Abs. 2 WEG sei, diese Forderungen erst entstehen (Hinweis auf Merle, ZWE 2014, S. 133, 134).
Befristung unnötig
Ein konkreter Fortgeltungsbeschluss bedürfe auch keiner Befristung.
- Eine zeitliche Befristung sei nicht deshalb erforderlich, weil den Wohnungseigentümern die Kompetenz fehle, die Anforderungen an Wirtschaftspläne auf Dauer zu verändern, insbesondere generell für die Zukunft auf die Vorlage von Einzelwirtschaftsplänen zu verzichten.
- Eine solche Wirkung käme dem Beschluss nicht zu. Denn der Verwalter werde weder durch einen konkreten Fortgeltungsbeschluss noch durch eine generelle Fortgeltungsvereinbarung von der Pflicht entbunden, auch für das f...