Leitsatz
Eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB wegen nicht rechtzeitiger Gewährung des vertragsgemäßen Mietgebrauchs beziehungsweise dessen nachträglicher Entziehung, erfordert nicht, dass der Mieter darlegt, warum ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zumutbar ist. Für die Wirksamkeit einer Kündigung genügt es vielmehr grundsätzlich, wenn einer der in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB aufgeführten Tatbestände vorliegt.
Fakten:
Der Mieter kündig te fristlos, hilfsweise ordentlich, weil die tatsächliche Wohnfläche um mehr als zehn Prozent von der mit "zirka 100 m²" vereinbarten Wohnfläche abweiche. Der Vermieter verlangt weitere Mietzahlungen und verweigert die Herausgabe der Kaution. Der Sachverständige hatte festgestellt, dass die Wohnfläche tatsächlich nur 77,37 qm beträgt und damit um 22,63 Prozent von der vereinbarten Wohnfläche abweicht. Der BGH gibt dem Mieter in letzter Instanz recht. Die fristlose Kündigung ist wirksam. Die Abweichung der tatsächlichen Wohnfläche von der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche um 22,63 Prozent stellt einen Mietmangel im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB dar und hat zur Folge, dass dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache zum Teil nicht rechtzeitig gewährt wurde. Damit liegen die "grundsätzlichen Voraussetzungen" einer außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB vor. Dem Mieter war dieser Mietmangel bei Vertragsabschluss weder bekannt noch aufgrund grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, da sich die Flächendifferenz erst später beim Nachmessen der Wohnung gezeigt hatte. Entgegen der unterinstanzlichen Gerichtsentscheidung erklärt der BGB, dass die Kündigungserklärung nicht erfordert, dass der Mieter darlegt, warum ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zumutbar sei. Für die Wirksamkeit genügt, dass einer der in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 aufgeführten Tatbestände vorliegt.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 29.04.2009, VIII ZR 142/08BGH, Urteil vom 29.4.2009 – VIII ZR 142/08
Fazit:
Das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung kann aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls verwirkt sein. Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn der Mieter bei Mietbeginn oder danach erkennt, dass die tatsächliche Wohnfläche die im Mietvertrag angegebene um mehr als zehn Prozent unterschreitet, ohne dies zeitnah zum Anlass für eine fristlose Kündigung zu nehmen.