Die in Köln wohnende Ehefrau beauftragt in Köln einen Anwalt, der für sie beim FamG Freiburg den Antrag auf Scheidung gegen ihren dort wohnenden Ehemann einreicht (Verfahrenswerte: Ehesache 9.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.800,00 EUR). Das FamG Freiburg bewilligt der Ehefrau Verfahrenskostenhilfe und ordnet ihr den Kölner Anwalt mit der Maßgabe bei, dass dessen Reisekosten übernommen werden bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwalts. Da außer der Ehesache und dem unstreitigen Versorgungsausgleich nichts Weiteres zu regeln ist, ergibt sich für den Kölner Anwalt keine Notwendigkeit mehr, lediglich für die Anhörung der Eheleute und die Stellung des Scheidungsantrags nach Freiburg zu fahren. Er beauftragt daraufhin einen in Freiburg ansässigen Anwalt und vereinbart mit ihm für die Terminsvertretung ein Pauschalhonorar i.H.v. 340,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer.
- Da der Kölner Anwalt Verfahrensbevollmächtigter war, erhält er die 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) aus 10.800,00 EUR.
- Des Weiteren erhält der Kölner Anwalt unmittelbar die 1,2-Terminsgebühr der Nr. 3104 VV RVG aus 10.800,00 EUR. Es liegen nämlich die Voraussetzungen des § 5 RVG vor, der auch bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe anwendbar ist. Nicht der Terminsvertreter verdient die Terminsgebühr, sondern der Kölner Anwalt, da für ihn ein anderer Rechtsanwalt den Termin wahrgenommen hat (OLG Köln, Beschl. v. 29.3.2010 – 4 WF 32/10; OLG Brandenburg AGS 2008, 194 = OLGR 2008, 316; Bayerisches LSG AGS 2016, 94 = zfs 2015, 642 = RVGreport 2015, 416).
- Hinzu kommen die Postentgeltpauschale (Nr. 7002 VV RVG) und sonstige Auslagen nach den Nr. 7000 ff. VV RVG.
- Darüber hinaus kann der Verfahrensbevollmächtigte jetzt auch noch die für den Terminsvertreter aufgewandten Kosten als Auslagen nach Vorbem. 7 Abs. 1 VV RVG i.V.m. §§ 675, 670 BGB geltend machen. Diese Auslagen hat die Landeskasse nach § 46 Abs. 1 RVG zu zahlen, da die Bewilligung auch die erforderlichen Auslagen umfasst.
- Auf den ersten Blick erscheint dies überraschend, weil die Landeskasse jetzt zusätzliche Auslagen für einen Terminsvertreter übernehmen muss. Vergleicht man jedoch, welche Kosten die Landeskasse hätte übernehmen müssen, wenn der Kölner Anwalt angereist wäre, ergibt sich, dass noch höhere Kosten angefallen wären. Daher ist die Landeskasse verpflichtet, die Kosten eines vom Hauptbevollmächtigten selbst beauftragten Terminsvertreters bis zur Höhe der ersparten Reisekosten bzw. der ersparten Kosten eines Verkehrsanwalts zu übernehmen.
Dies bedeutet im vorliegenden Fall Folgendes: Wäre der Kölner Anwalt nach Freiburg zum FamG gefahren und unterstellt man, dass An- und Rückreise am selben Tag erfolgt wären, dann wären für ihn folgende Reisekosten angefallen:
1. |
2 × 445 km x 0,30 EUR/km |
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267,00 EUR |
2. |
Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 Nr. 3 VV RVG |
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70,00 EUR |
3. |
Parkgebühren |
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3,66 EUR |
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Gesamt |
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340,66 EUR |
Diese Kosten wären auch von der Landeskasse zu tragen gewesen, da sie unterhalb der Kosten für einen Verkehrsanwalt liegen, die sich wie folgt berechnet hätten:
1. |
1,0 Gebühr, Nr. 3400 VV RVG (Wert: 10.800,00 EUR) |
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321,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
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Gesamt |
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341,00 EUR |
Der beigeordnete Anwalt kann daher mit der Landeskasse wie folgt abrechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 10.800,00 EUR) |
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417,30 EUR |
2. |
... |