Mit der Bekanntmachung der Arbeitsmedizinischen Regel (AMR) 13.4 im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl.) Nr. 18 v. 17.4.2024, S. 369 hat das Bundesarbeitsministerium (BMAS) den stetig größer werdenden Kreis von Arbeitsschutzvorschriften unlängst um ein Element erweitert, das auch die anwaltliche Praxis in ihrer Rolle als Arbeitgeber interessieren muss.
Bildschirmgeräte in verschiedenster Form sind im Zeitalter von Internet und beA aus Kanzlei und Homeoffice nicht mehr wegzudenken.
Nachdem die Bildschirmarbeitsverordnung von 1996 im Jahre 2016 aufgehoben und der Bildschirm-Arbeitsschutz im Anhang 6 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) sowie der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbmedVV) von 2008 angesiedelt wurde (Kreizberg, Erl. zur ArbmedVV in: Kollmer, Arbeitsschutzgesetz, 4. Aufl. 2021, S. 1098 ff.), prägen arbeitsmedizinische Vorgaben anstelle von technischen Details das einschlägige Arbeitsschutzrecht.
Auf der Rechtsgrundlage von § 9 Abs. 4 ArbmedVV müssen alle Arbeitgeber, deren Beschäftigte Bildschirmgeräte bei der Arbeit nutzen, die in der neuen AMR 13.4 näher beschriebenen Maßnahmen ergreifen, wenn diese Geräte bestimmend sind für die Gesamttätigkeit (Punkt 4.1 der AMR). Dabei ist der Rat eines Betriebsarztes gefordert (Punkt 4 der AMR).
Sofern Beschäftigte eine Untersuchung ihrer Augen, z.B. wegen akuter Probleme wünschen (sog. „Wunschvorsorge” nach § 5a ArbmedVV i.V.m. Punkt 4.2 der AMR), hat der Arbeitgeber dem umgehend Rechnung zu tragen.
Auch wenn die AMR, wie alle anderen technischen Regeln im Arbeitsschutzrecht, dem Arbeitgeber zum einen die Option für andere Maßnahmen mit gleichem Sicherheitsniveau einräumt (vgl. Einleitung der AMR Satz 6) und zum anderen bei den einer Arbeitsschutzverordnung nachfolgenden Regeln (also auch der AMR) die Umkehr der Beweislast greift, mithin die Arbeitsschutzaufsicht im Konfliktfall den Nachweis führen muss, dass die getroffene Alternativmaßnahme ungeeignet war, ist dennoch Vorsicht geboten.
Die AMR ist über die Bezugnahme zum höherrangigen Recht sanktionsbewehrt (§ 10 ArbmedVV). Der OWi-Rahmen ergibt sich wiederum aus der nächsthöheren Rechtsebene, nämlich dem alle Verordnungen überlagernden Arbeitsschutzgesetz.
§ 25 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sieht hierfür ein maximales Bußgeld von 5.000 EUR vor, mithin Anlass genug, die AMR zu beachten.
[Rechtsanwalt Dr. jur. Kurt Kreizberg, Solingen]
ZAP F., S. 506–512