Fachanwälte haben eine Fortbildungsverpflichtung, die sie gem. § 15 FAO in jedem Kalenderjahr für das laufende Kalenderjahr zu erfüllen haben. Demgemäß kann bereits am Ende eines jeden Jahres eine Verletzung der Fortbildungsfrist festgestellt werden, welche die Kammer mit einem Widerruf der Fachanwaltsbezeichnung ahnden kann (§ 43c Abs. 4 S. 2 BRAO). Eine Heilung von Pflichtverletzungen durch Fortbildungen in Folgejahren scheidet grds. aus. Im Gegenzug ist der Widerruf gem. § 25 Abs. 2 FAO nur innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Kammervorstands von den ihn rechtfertigenden Tatsachen zulässig. Dies zwingt die Kammern bei Fortbildungsverstößen zu schnellem Handeln. In einem Verfahren vor dem AGH NRW (Urt. v. 5.6.2020 – 1 AGH 43/19) wurde einer Kammer nun ihre Kulanz zum Verhängnis. Sie hatte einem Fachanwalt für Arbeitsrecht die Führung eines „Fortbildungskontos” erlaubt, auf dem Fortbildungsstunden des laufenden Jahres teilweise auf das Vorjahr „verbucht” wurden. Als auf diesem Konto erhebliche Fortbildungsrückstände aus den Jahren 2008, 2011, 2013, 2016, 2017 und 2018 aufgelaufen waren, leitete sie den Widerruf ein, den der AGH jedoch für rechtswidrig erachtete. Wegen Fristablaufs dürfe sich die Kammer nicht auf unterlassene Fortbildungsnachweise der Jahre vor 2018 stützen. Soweit sich der Widerruf auf das Fortbildungsdefizit für die Jahre 2018 und 2019 beziehe, sei er ermessensfehlerhaft, da sich der Fachanwalt insofern noch auf die bisherige Kammerpraxis berufen könne, die im weiten Umfang die Möglichkeit einer späteren Nachholung ausgelassener Fortbildungen zulasse. Diese Praxis stehe dem Anwalt erst ab dem Jahr 2019 nicht mehr offen, da die Kammer erst dann begonnen hatte, die Nachholung von Fortbildungen an Fristen zu knüpfen.

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