Zuletzt gilt es die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines baulichen Vorhabens im Außenbereich zu erläutern. Der Außenbereich soll nach dem gesetzgeberischen Willen im Grundsatz von Bebauung freigehalten werden und dient der Land- und Forstwirtschaft sowie der menschlichen Erholung. Diesen Zweck verfolgt § 35 BauGB.
1. Begrifflichkeiten
Ob ein Grundstück im Außenbereich liegt, lässt sich im Wege einer Negativabgrenzung feststellen. Ist das Grundstück unbeplant (kein Fall von § 30 BauGB) und liegt nicht im Innenbereich (kein Fall von § 34 BauGB), befindet es sich im Außenbereich.
2. Zulässigkeit privilegierter Vorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB)
In § 35 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BauGB finden sich die sog. privilegierten Vorhaben, die nach Wertung des Gesetzgebers grds. in den Außenbereich gehören. Systematisch ist zu beachten, dass § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB als Auffangtatbestand nachrangig zu den anderen privilegierten Vorhaben zu prüfen ist. Zunächst gilt es daher einen Blick auf die Nr. 1 bis 3 sowie 5 bis 8 zu werfen: Privilegiert sind land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Nr. 1), Gartenbaubetriebe (Nr. 2), öffentliche ortsgebundene Versorgungseinrichtungen (Nr. 3), Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie (Nr. 5) bzw. Kernenergie (Nr. 7) sowie die (energetische) Nutzung von Biomasse (Nr. 6) und solarer Strahlungsenergie (Nr. 8). Nach Nr. 4 sind schließlich ebenfalls Vorhaben privilegiert, wenn sie wegen ihrer besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen ihrer nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen.
Die eigentliche „Privilegierung” dieser Vorhaben erwächst daraus, dass diese zulässig sind, wenn eine ausreichende Erschließung gesichert ist und öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Öffentliche Belange werden nicht abschließend („insbesondere”) in § 35 Abs. 3 BauGB aufgelistet. Da ein Entgegenstehen öffentlicher Belange häufig zu verneinen (und die Erschließung gesichert ist), führt dies zur Zulassung der „privilegierten” Vorhaben im Außenbereich.
Um die im Außenbereich bezweckte Bodenschonung zu erreichen, schreibt § 35 Abs. 5 BauGB zudem fest, dass die zulässigen Vorhaben in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen sind. Für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen.
3. Zulässigkeit sonstiger Vorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB)
Nach § 35 Abs. 2 BauGB können sonstige Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Ein sonstiges Vorhaben liegt vor, wenn es nicht in den Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 BauGB fällt.
Im Unterschied zu den privilegierten Vorhaben genügt für die Nichtzulassung eines Bauvorhabens im Außenbereich bereits, dass öffentliche Belange beeinträchtigt werden. Diese Hürde ist viel niedriger und führt in der Praxis häufig dazu, dass diese Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig sind (faktisches Bauverbot). Obwohl § 35 Abs. 2 BauGB von „können” spricht, steht der Behörde kein Ermessen zu, sollten die Voraussetzungen für eine Zulässigkeit doch einmal gegeben sein. In diesem Fall reduziert sich das Ermessen auf Null.
Lediglich bei vorhandener Bausubstanz im Außenbereich ermöglicht § 35 Abs. 4 BauGB eine leichtere Genehmigung, indem diesen einige öffentliche Belange nicht entgegengehalten werden dürfen (teilprivilegierte Vorhaben).
4. Öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB
In § 35 Abs. 3 BauGB werden nicht abschließend die öffentlichen Belange aufgelistet, die dem privilegierten Vorhaben entgegenstehen müssen oder durch das sonstige Vorhaben nicht beeinträchtigt werden dürfen. Besondere Bedeutung hat die „schädliche Umwelteinwirkung” nach Nr. 3, die auf die Legaldefinition des § 3 Abs. 1 BImSchG verweist. Danach sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Mit Nr. 7 soll die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung (= unorganische Anhäufung von Gebäuden) verhindert werden.
ZAP F. 19, S. 25–32
Von Pierre Becker-Rosenfelder, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht, Köln