Der Arbeitgeber ist dem Gläubiger nach der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zur Auskunft verpflichtet (§ 840 ZPO). Die üblichen Fragen lauten:
1. |
Ist der Schuldner bei Ihnen beschäftigt? |
2. |
Wie hoch ist sein aktuelles monatliches Nettoeinkommen (Höhe netto)? |
3. |
Wird ein Weihnachtsgeld gezahlt (Höhe brutto)? |
4. |
Wird Urlaubsgeld gezahlt (Höhe brutto)? |
5. |
Wie vielen Personen ist der Schuldner gesetzlich unterhaltspflichtig (Angabe Personenzahl)? |
Der Arbeitgeber muss von sich aus die Pfändung bearbeiten und berechnen. Dazu muss er das Nettoeinkommen um die unpfändbaren Anteile bereinigen und die Zahl derer ermitteln, für die der Schuldner aufgrund gesetzlicher Bestimmungen Unterhalt zahlt. Bei der Frage, wie viele Unterhaltsberechtigte beim Schuldner zu berücksichtigen sind, darf sich der Arbeitgeber auf die ihm vorliegenden Informationen (Personalakte, Befragung des Schuldners) und die plausiblen Angaben des Schuldners verlassen (LAG Frankfurt, Urt. v. 1.3.1985 – 14/6 Sa 1396/84, BB 1985, 2246; BAG, Urt. v. 26.11.1986 – 4 AZR 786/85, DB 1987, 794, 795).
Hinweis:
Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ist die Lohnsteuerkarte nicht das entscheidende Kriterium für die Einordnung, sondern nur ein Anhaltspunkt: Aus den Steuerklassen ist zu entnehmen, dass der Schuldner verheiratet ist (III, IV, V), die Anzahl der Kinder ist aber nicht verlässlich abgebildet. Ein Kinderfreibetrag 2,0 kann zwei Kinder, aber auch drei oder vier Kinder bedeuten, da auch halbe Kinderfreibeträge auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden können.
Der Arbeitgeber wird seinen Arbeitnehmer i.d.R. zu den Umständen befragen müssen. Viele Personalbüros machen das mit Hilfe eines Fragebogens, den der Arbeitnehmer auszufüllen hat.
Bei minderjährigen Kindern darf der Arbeitgeber ohne Weiteres von einer bestehenden Unterhaltspflicht ausgehen. Bei volljährigen Kindern oder anderen volljährigen Unterhaltsberechtigten muss er allerdings Nachweise bzgl. der gesetzlichen Unterhaltspflicht verlangen (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 850c Rn 9; ArbG Kempten, Urt. v. 29.3.2012 – 5 Ca 12/12, JurBüro 2012, 494).
Dazu reicht bei Studierenden sicher eine Studienbescheinigung aus, bei geschiedenen Ehegatten eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung oder eine notarielle Unterhaltsvereinbarung. In der Regel wird der Arbeitgeber da aber nicht allzu kritisch sein und es dem Gläubiger oder dem Insolvenzverwalter überlassen, ggf. einen gerichtlichen Antrag auf Nichtberücksichtigung einer unterhaltsberechtigten Person nach § 850c Abs. 4 ZPO zu stellen.
Den Arbeitgeber trifft aber grds. keine Nachforschungspflicht dahingehend, ob der zum Unterhalt verpflichtete Schuldner auch tatsächlich Unterhalt zahlt (Zöller/Herget, a.a.O., § 850c Rn 9). Wenn der Arbeitnehmer bei der Befragung allerdings angibt, keinen Unterhalt zu zahlen, darf der Unterhaltsberechtigte auch nicht bei der Pfändung berücksichtigt werden.
Ist der Gläubiger oder Insolvenzverwalter mit der Einordnung des Arbeitgebers nicht einverstanden, kann er einen Gerichtsbeschluss nach § 850c Abs. 4 ZPO erwirken mit dem Ziel, dass ein vom Arbeitgeber berücksichtigter Unterhaltsberechtigter nicht oder nur teilweise zu berücksichtigen ist.
Einen Ersatz des Aufwands für die Berechnung (Gebühr) darf der Arbeitgeber nicht vom Arbeitnehmer verlangen. Eine solche Ersatzpflicht kann auch nicht wirksam durch eine Betriebsvereinbarung begründet werden (BAG, Urt. v. 18.7.2006 – 1 AZR 578/05, NJW 2007, 1302 f.).