1 Kein Widerrufsrecht bei Online-Kauf eines Event-Tickets
Im Internetreport 2022-II (ZAP 2022, 971, 981) hatten die Verf. über das EuGH-Urteil v. 31.3.2022 – C-96/21 – berichtet, nach dem auch beim Kauf von Veranstaltungskarten über einen Vermittler kein Verbraucher-Widerrufsrecht besteht, sofern das wirtschaftliche Risiko der Ausübung des Widerrufsrechts den Veranstalter der betreffenden Freizeitbetätigung treffen würde.
Ein ähnlich gelagerter Fall ist nun auch vom BGH (Urt. v. 13.7.2022 – VIII 317/21) entschieden worden. Auch hier ging es um einen Streit der Parteien wegen der Rückerstattung des Entgelts für Eintrittskarten zu einer Veranstaltung, die aufgrund der COVID-19-Pandemie abgesagt wurde. Am 16.12.2019 erwarb der Kläger (Verbraucher) über die Internetseite der Beklagten (Ticketsystemdienstleisterin) vier Eintrittskarten zum Preis von insgesamt 756,46 EUR für eine Musicalaufführung, die am 18.4.2020 in Hamburg stattfinden sollte. Deren Veranstalterin war die S. mbH. Der Kläger begehrte wegen der Event-Absage von der Beklagten die Erstattung des Ticketpreises, was diese ablehnte. Die Kompensation durch von der Veranstalterin angebotene Wertgutscheine lehnte der Kläger ab. Der BGH stellte zunächst fest, dass es sich betreffend die erworbenen Eintrittskarten um einen Kaufvertrag über Rechte handelt, für den nach der Ausnahmevorschrift des § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB kein Widerrufsrecht besteht (besteht insofern nicht „zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht”). Insofern war nach der o.g. Entscheidung des EuGH die Ausnahmevorschrift auch auf die Vorverkaufsstelle anzuwenden. Denn das wirtschaftliche Risiko traf im Falle des BGH die Veranstalterin S. mbH. Den Anspruch auf Rückerstattung der Kaufpreisbeträge sah der BGH als unbegründet an. Der Käufer könne von der Beklagten als Vorverkaufsstelle bei einer pandemiebedingten Absage einer Veranstaltung die Rückzahlung des Ticketpreises nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage verlangen, wenn ihm die Veranstalterin als Ersatz für den Ausfall einen Wertgutschein nach Art. 240 § 5 EGBGB angeboten habe. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des Art. 240 § 5 EGBGB durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht und im Recht der Europäischen Gesellschaft (SE) und der Europäischen Genossenschaft (SCE) vom 15.5.2020 (BGBl I S. 948) auf die weitreichenden Folgen der COVID-19-Pandemie für die Veranstaltungsbranche reagiert und zu deren Stärkung – unter Berücksichtigung auch der Interessen der Inhaber von Eintrittskarten – die Gutscheinlösung eingeführt, um zu verhindern, dass viele Anbieter aufgrund der großen Zahl coronabedingter Erstattungsansprüche insolvent würden und die Besucher mit ihrem Anspruch dann im Ergebnis auch ausfielen (Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 19/18697, S. 5 und 8). Um die Verhältnismäßigkeit der Regelung auch in besonderen Situationen sicherzustellen, hat der Gesetzgeber dabei mit Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 1 EGBGB dem Inhaber eines Gutscheins einen Anspruch auf Auszahlung des Werts dann zugestanden, wenn der Verweis auf einen Gutschein für ihn angesichts seiner persönlichen Lebensumstände unzumutbar ist. Der BGH hat die Regelungen der Gutscheinlösung entsprechend auch auf das Verhältnis des Käufers zu der „zwischengeschalteten” Vorverkaufsstelle angewendet.
2 Website-Erstellung und Pflicht zur Entrichtung der Künstlersozialabgabe
Ein Rechtsanwalt hatte im Jahr 2017 einen Webdesigner mit der Erstellung einer Website für seine Kanzlei beauftragt und hierfür im Jahr 2017 einen Gesamtbetrag i.H.v. 1.750 EUR an den Webdesigner entrichtet.
Nach § 23 KSVG erhebt die Künstlersozialkasse von den zur Abgabe verpflichteten Personen, die sich aus § 24 KSVG ergeben, eine Umlage (Künstlersozialabgabe) nach einem Vomhundertsatz der Bemessungsgrundlage. Nach § 24 Abs. 1 S. 2 KSVG sind zur Künstlersozialabgabe auch Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen.
Nachdem eine Betriebsprüfung der Kanzlei des Rechtsanwalts für den Zeitraum 2012 bis 2017 stattgefunden hatte, stellte der – nach § 28p Abs. 1a SGB IV hierfür zuständige – Rentenversicherer eine Abgabepflicht des Rechtsanwalts nach § 25 Abs. 1 KSVG fest und forderte die Künstlersozialabgabe für das Jahr 2017 i.H.v. 84 EUR nach. Der Rentenversicherer begründete dies damit, dass der Rechtsanwalt Aufträge an einen Webdesigner erteilt und dafür zwei Honorarzahlungen von insgesamt 1.750 EUR geleistet habe. Die Grenze der nur „gelegentlich erteilten Aufträge” nach § 24 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 3 S. 1 KSVG i.H.v. 450 EUR sei hierdurch überschritten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Rechtsanwalt Klage zum Sozialgericht Hamburg. Dieses hat die angefochtenen Bescheide mit Entscheidung v. 29.10.2020 – S 48 KR 2823/19 – aufgehoben und die Berufung zugelassen. Das hiernach angerufene Landessozialgericht hat die Berufung d...