Sofern im Betrieb ein Betriebsrat vorhanden ist, ist dieser auch vor dem Ausspruch einer Verdachtskündigung nach § 102 BetrVG anzuhören. Im Rahmen der Anhörung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Gründe für die beabsichtigte Kündigung informieren. Mitzuteilen sind insb.
- der Vorwurf,
- die konkreten Verdachtsmomente,
- Schritte zur Aufklärung und deren Ergebnisse und
- Angaben zur Anhörung des Arbeitnehmers.
Auch hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die den Arbeitnehmer entlastenden Umstände, die ihm bekannt geworden sind, mitzuteilen.
Hinweis:
In der Anhörung des Betriebsrats zu einer Tatkündigung liegt nicht gleichsam als "Minus" eine Anhörung zu einer Verdachtskündigung (LAG Nürnberg Urt. v. 8.12.2020 – 7 Sa 226/20, NZA-RR 2021, 179, 182 Rn 68). Wird der Betriebsrat "nur" wegen einer aus Arbeitgebersicht erfolgten erheblichen Pflichtverletzung des Arbeitnehmers angehört und nicht wegen eines Verdachts einer solchen, kann sich der Arbeitgeber im späteren Kündigungsschutzprozess zur Begründung der Kündigung nicht mehr auf den Verdacht stützen, wenn die Verdachtsmomente bei Ausspruch der Kündigung bekannt waren. Dies würde ein unzulässiges Nachschieben von Kündigungsgründen darstellen (LAG Nürnberg, Urt. v. 8.12.2020 – 7 Sa 226/20, NZA-RR 2021, 179).
Die Mitteilung der die Kündigung begründenden Tatsachen gegenüber dem Betriebsrat hat derart zu erfolgen, dass dieser ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und er sich über eine Stellungnahme klar werden kann.
Unterbleibt die Anhörung des Betriebsrats oder kommt der Arbeitgeber seinen Mitteilungspflichten nur unzureichend nach, führt dies zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Hinweis:
Zudem ist vor Ausspruch der Kündigung die jeweilige Frist für die Stellungnahme des Betriebsrats unbedingt zu wahren. Die dreitägige Frist des Betriebsrats bei Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist, wie auch die einwöchige Frist bei Ausspruch einer (hilfsweise) ordentlichen Kündigung, unbedingt in der Praxis zu beachten. Andernfalls ist die Kündigung auch dann unwirksam.
ZAP F., S. 589–594
Von Rechtsanwältin Dr. Kirstin Maaß, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Köln