Nach neuer BGH-Rechtsprechung können Kaufleute im Rahmen ihres Handelsgeschäfts Unterlassungserklärungen auch per PDF-Anhang einer E-Mail abgeben; diese Übermittlung wahrt die Form (Urt. v. 12.1.2023 – I ZR 49/22).
Von dieser Rechtsprechung scheint das OLG München abweichen zu wollen (Beschl. v. 11.8.2023 – 29 W 720/22). Es ging um eine Abmahnung unter Kaufleuten. Das abgemahnte Unternehmen (spätere Beklagte) hatte die geforderte Unterlassungserklärung rechtzeitig per Telefax an den Abmahner (späteren Kläger) übermittelt. Der Kläger forderte weiterhin das Original der Unterlassungserklärung ein. Nach Einreichung der Unterlassungsklage vor dem LG München I durch den Kläger, aber vor Zustellung der Klage, reichte die Beklagte das Original nach. Das LG München I hatte gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden gehabt und legte diese der Beklagten auf. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde wies das OLG München zurück. Es teilte die Meinung des LG München I. Zwar sei nach der Rechtsprechung des BGH die Telefax-Unterlassungserklärung formwirksam gewesen. Eine Einigung der Parteien auf die (strengere) Schriftform habe es nicht gegeben. Aber der Kläger habe ein Interesse an dem Original gehabt, und dass die Beklagte es ihm nicht zur Verfügung gestellt habe, sei ein Indiz für die fehlende Ernsthaftigkeit der Unterlassungserklärung. Denn der Kläger habe das Original von Anfang an gefordert und nach Erhalt des Telefax auch weiterhin darauf bestanden.
Die Rechtsbeschwerde ließ das OLG München nicht zu. Insofern kann sich das Gericht auf den BGH berufen (BGH, Beschl. v. 17.3.2004 – IV ZB 21/02 – zu § 91a ZPO). Danach ist die Rechtsbeschwerde gegen Kostenentscheidungen des Berufungsgerichts nach § 91a ZPO (insofern ist die Vorschrift des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO vergleichbar) nicht geeignet, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht. Das OLG München hat letztendlich seine eigene – vom BGH abweichende – Rechtsmeinung zugrunde gelegt, wissend, dass diese prozessual nicht mehr angreifbar ist. Zwar waren in dem Rechtsstreit Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung und der materiellen Fortbildung des Rechts zu klären gewesen (Abweichung von der BGH-Rechtsprechung zur PDF-Unterlassungserklärung). Die Kostenentscheidung würde jedoch nur der summarischen rechtlichen Nachprüfung unterliegen und aufgrund dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabes gäbe es keinen Grund die Rechtsfragen abzuhandeln. Hätte die Beklagte sich standhaft verweigert, das Original zu überreichen, so hätte das OLG München über den Unterlassungsanspruch durch Urteil entscheiden müssen. Wenn es der Klage stattgegeben hätte, wäre zwingend die Revision zuzulassen gewesen, da auch diese Instanz zum verfassungsrechtlich gewährten gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) gehört.
Aus dieser Rechtsprechung, die den Weg am BGH vorbei eingeschlagen hat, kann nur die Schlussfolgerung gezogen werden, dass ein Kaufmann, der eine Unterlassungserklärung per Telefax oder per PDF-Dokument abgibt, entweder kurzfristig das Original, soweit gefordert, nachreicht, oder dieses gar nicht, auch nicht in den einzelnen Instanzen, überreicht, damit es nicht zu einer summarischen Kostenentscheidung wegen Erledigung (durch Nachreichen des Originals) kommen kann.