Gemäß § 573 Abs. 2 Ziff. 1 BGB gilt als berechtigtes Interesse des Vermieters, das zur Kündigung berechtigt, die nicht unerhebliche schuldhafte Verletzung vertraglicher Verpflichtungen. Da in diesem Fall der Mieter selbst nicht mehr vertragstreu ist, kann auch dem Vermieter nicht zugemutet werden, am Vertrag festzuhalten. Die Kündigungsmöglichkeit steht selbstständig neben eventuell bestehenden fristlosen Kündigungsgründen. Überschreitet der Mieter die Grenzen des ihm zustehenden vertragsgemäßen Gebrauchs, so kann der Vermieter nach Abmahnung auf Unterlassung klagen (§ 541 BGB). Dieser Anspruch verjährt als Daueranspruch nicht (BGHZ 220, 323 = NZM 2019, 143). Werden durch die Gebrauchsüberschreitung die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt, so kann der Vermieter nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB fristlos kündigen. Unter denselben Voraussetzungen ist der Vermieter stattdessen auch zur Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB berechtigt. Nach der Gesetzessystematik umfasst dieser Kündigungstatbestand aber auch Vertragsverletzungen unterhalb des § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Zu den einzelnen Voraussetzungen:
aa) Pflichtverletzung
Der Mieter muss zunächst eine sich aus den mietvertraglichen Vereinbarungen ergebende Pflicht objektiv verletzt haben. Dies kann durch aktives Tun, aber auch durch ein Unterlassen geschehen. Unerheblich ist, ob es sich um die Verletzung einer Haupt- oder Nebenpflicht des Mietvertrags handelt. Entscheidend ist, ob das Verhalten des Mieters noch einen vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache darstellt. Der Mieter hat für Pflichtverletzungen einzustehen, die er selbst verursacht hat oder die seine Familien- oder Haushaltsangehörigen (LG Düsseldorf WuM 1982, 142) oder sonstige Erfüllungsgehilfen begangen haben. Dazu zählen auch Rechtsanwälte sowie Berater von Interessenverbänden (BGH NJW 2007, 428 mit Anm. Klees NJW 2007, 431; Blank NZM 2007, 788). Die Teilkündigung nur des Mieters, der die Pflichtverletzung begangen hat, ist unzulässig, da ein Mietverhältnis nur einheitlich gekündigt werden kann (BGH NJW 1958, 421).
bb) Erheblichkeit
Nach dem Gesetzeswortlaut darf die Pflichtverletzung nicht unerheblich sein. Unerheblich sind ganz leichte Verstöße, die auch nur vereinzelt geblieben sind, wenn keine Wiederholungsgefahr droht. Als erheblich werden Verstöße angesehen, die entweder schwer sind oder bei leichteren Verstößen, wenn sie länger andauern. Bei der Schwere des Verstoßes ist zu beachten, dass diese den Grad, der für eine fristlose Kündigung erforderlich ist, nicht erreichen muss. Es ist deshalb auch keine nachhaltige Störung des Hausfriedens erforderlich. Für die Beendigung eines befristeten Mietverhältnisses ist es ohne Bedeutung, dass der Mietvertrag "probeweise" abgeschlossen wurde. Dieser Umstand rechtfertigt es nicht, bei Auslegung des § 573 Abs. Nr. 1 BGB die Anforderungen an die Erheblichkeit der Pflichtverletzung herabzusetzen (OLG Stuttgart NJW 1982, 2673).
Eine Abmahnung ist vor der Kündigung grds. nicht erforderlich (BGH NJW 2008, 508; OLG Oldenburg WuM 1991, 467). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 573 Abs. 2 Ziff. 1 BGB. Danach ist die ordentliche Kündigung bei "schuldhaften nicht unerheblichen Pflichtverletzungen" zulässig. Eine zusätzliche formale Voraussetzung der Abmahnung wird in dieser Vorschrift – anders als z.B. in § 543 Abs. 3 BGB – nicht aufgestellt.
cc) Verschulden
Die nicht unerhebliche Pflichtverletzung muss schuldhaft erfolgt sein. Gemäß § 276 BGB genügt dabei jede Art von Fahrlässigkeit. Erforderlich ist dabei vor allem Schuldfähigkeit auf Seiten des Mieters bzw. desjenigen, der die Pflichtverletzung begangen hat. Der Mieter kann sich auf unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe berufen (BGH WuM 2016, 682). Gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ist es dabei aber Sache des Mieters, im Einzelnen darzulegen, dass die finanzielle Notlage aufgrund einer unvorhersehbaren wirtschaftlichen Notlage eingetreten ist (BGH NZM 2013, 20 = NJW 2013, 159; WuM 2016, 682). Eine lückenlose Darstellung der Umstände, dass jede noch so entfernt liegende Möglichkeit eines Verschuldens ausgeschlossen erscheint, ist zwar nicht erforderlich. Jedoch muss der Mieter regelmäßig seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen und zu allen Umständen Stellung nehmen, die für einen behaupteten Ausschluss der Leistungsfähigkeit von Bedeutung sein können.
Vorsatz entfällt, wenn sich der Mieter in einem Rechts- oder Tatsachenirrtum befunden hat. Ein derartiger Irrtum ist anzunehmen, wenn der Mieter aufgrund unzutreffender Tatsachen oder einer fehlerhaften Bewertung der Rechtslage irrig davon ausgeht, dass er zu einem bestimmten Verhalten berechtigt sei. War der Irrtum vermeidbar, so ist Fahrlässigkeit gegeben. Bei einem unvermeidbaren Irrtum entfällt jedes Verschulden. Die Anforderungen sind sehr streng. Ein Verschulden des Mieters kann zu verneinen sein, wenn er in entschuldbarer Weise von der Berechtigung zur Mietminderung ausgegangen ist (LG Berlin GE 1994, 1381; AG Rheinberg WuM 1992, 435; AG Münster WuM 1980, 162), er ernsthafte Zwei...