Die für einen Rechtsanwalt bestehende, in § 130d S. 1 ZPO (und § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG) geregelte Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von schriftlich einzureichenden Anträgen gilt nach Auffassung des OLG Frankfurt a.M. nicht nur dann, wenn er einen Beteiligten vertritt, sondern auch dann, wenn er als Verfahrenspfleger, Insolvenzverwalter oder anwaltlicher Berufsbetreuer berufsmäßig im eigenen Namen auftritt. Dies hat das OLG Frankfurt a.M. aus der amtlichen Überschrift des § 130d ZPO („Nutzungspflicht für Rechtsanwälte”) gefolgert.
Der BGH hatte offengelassen, ob § 130d S. 1 ZPO auch dann Anwendung findet, wenn ein Rechtsanwalt bewusst als Privatperson in eigener Sache auftritt (BGH, Beschl. v. 31.5.2023 – XII ZB 428/22, AGS 2023, 470 [Burhoff] = NJW-RR 2023, 1233). Das OLG Frankfurt a.M. hat die Nutzungspflicht auch für einen in eigener Sache auftretenden Rechtsanwalt bejaht. Dafür könnte – so das OLG – sprechen, dass ein Rechtsanwalt ohnehin über ein beA verfügen muss und als Vertreter eines Beteiligten dem Zwang zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten unterliegt. Im entschiedenen Fall hat das OLG Frankfurt a.M. die Nutzungspflicht des Klägers deshalb bejaht, weil dieser keine deutliche Trennung von seiner Stellung und seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt vorgenommen habe. Zwar habe er bei seinem letzten Kostenfestsetzungsantrag unter seiner Unterschrift lediglich seinen Namen wiedergegeben und dabei den zunächst vorhandenen Zusatz „Rechtsanwalt” weggelassen. Aus der Gesamtschau der Umstände ergab sich nach Auffassung des OLG Frankfurt a.M. jedoch, dass der Kläger gleichwohl als Rechtsanwalt im eigenen Namen aufgetreten war. So hat das OLG darauf verwiesen, dass der Kläger weiterhin sein Anwaltsbriefpapier verwendet und im Briefkopf die Bezeichnung seines Namens mit dem Zusatz „Rechtsanwalt und Notar a.D.” verwendet hatte. Außerdem hatte er in dem Kostenfestsetzungsantrag neben den in der Person des Rechtsanwalts A entstandenen erstinstanzlichen Kosten für die zweite Instanz eigene anwaltliche Gebühren und Auslagen geltend gemacht. Damit betraf sein Kostenfestsetzungsantrag gerade seine eigene Stellung und sein Kosteninteresse als Rechtsanwalt.
Praxistipp:
Soweit ersichtlich, hat sich das OLG Frankfurt a.M. als erstes OLG mit der Frage befasst, ob der Kostenfestsetzungsantrag eines Rechtsanwalts stets dem Formerfordernis des § 130d S. 1 ZPO unterliegt und deshalb dem Gericht als elektronisches Dokument zu übermitteln ist. Im Regelfall hat ein in eigener Sache tätiger Rechtsanwalt keine praktischen Schwierigkeiten, seinen Kostenfestsetzungsantrag dem Gericht als elektronisches Dokument zu übermitteln, wenn er denn an die Regelung des § 130d S. 1 ZPO denkt und sie beachtet. So mancher Rechtsanwalt, der am Ende seiner Berufstätigkeit noch einige eigene Forderungen gerichtlich geltend machen muss, verfügt jedoch über kein beA mehr. Vorliegend hätte der Kläger mehrere Möglichkeiten gehabt, seinen Kostenfestsetzungsantrag formgerecht dem LG Gießen zu übermitteln:
- Entweder hätte der Kläger seinen Kostenfestsetzungsantrag dem Rechtsanwalt B übermitteln, diesen von ihm unterzeichnen und per beA dem LG Gießen übersenden lassen können. Dies hätte für den Kläger keine weiteren Anwaltskosten ausgelöst, weil Rechtsanwalt B für ihn ohnehin als Prozessbevollmächtigter tätig gewesen ist und die Kostenfestsetzung gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 14 RVG zum Rechtszug gehört und damit durch die Verfahrensgebühr mitabgegolten wird. Insoweit hatte der Kläger hier jedoch den Fehler gemacht, den Kostenfestsetzungsantrag selbst zu unterzeichnen und ihn über Rechtsanwalt B per beA übermitteln zu lassen.
- Oder der Kläger hätte sich zur Geschäftsstelle des LG Gießen oder irgendeines Amtsgerichts bemühen und dort seinen vorbereiteten Kostenfestsetzungsantrag zu Protokoll der Geschäftsstelle geben müssen. Das Amtsgericht hätte dann das Protokoll dem LG Gießen übermittelt. Dies ist auch die Alternativlösung, von der die meisten Anwälte Gebrauch machen können, die über kein eigenes beA mehr verfügen.
- Die dritte Möglichkeit, im Kostenfestsetzungsverfahren nicht als Rechtsanwalt in eigener Sache, sondern als Privatperson aufzutreten, die nicht dem Nutzungszwang des § 130d S. 1 ZPO unterliegt, ist gefahrgeneigt. Denn auch in einem solchen Fall könnten die Gerichte – wozu hier auch das OLG Frankfurt a.M. geneigt hat – die Auffassung vertreten, ein Rechtsanwalt unterliege stets dem Nutzungszwang.
Zum Schluss aber noch eine erfreuliche Nachricht: Ein formunwirksam gestellter Kostenfestsetzungsantrag kann jederzeit – unter Beachtung der Nutzungspflicht des § 130d S. 1 ZPO – nachgeholt werden. Der Nachteil für den Antragsteller, zunächst einen formunwirksamen Kostenfestsetzungsantrag gestellt zu haben, liegt meist nur in dem späteren Verzinsungsbeginn (s. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO) des festgesetzten Erstattungsbetrags. Möglicherweise erhöht sich durch die spätere Titulierung des Erstattungsbetrags die Gefahr, den Anspruch nicht mehr durchsetze...