Eine Änderungskündigung als einseitiges Gestaltungsrecht des Arbeitgebers rückt in den Fokus, wenn er die angestrebte Anpassung der vereinbarten Arbeitsbedingungen nicht auf andere Weise, insb. durch eine einvernehmliche Lösung mit dem Arbeitnehmer (Vertragsänderung) oder durch Ausübung seines Direktionsrecht, erreichen kann.
Die Änderungskündigung ist ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element ein bestimmtes, zumindest bestimmbares und somit den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechendes Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen hinzukommen (BAG, Urt. v. 20.2.2014 – 2 AZR 346/12; v. 16.12.2010 – 2 AZR 576/09). Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne Weiteres mit einem „schlichten Ja” annehmen kann. Ihm muss klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen (BAG v. 17.2.2016 – 2 AZR 613/14, AP Nr. 168 zu § 2 KSchG 1969). Auch Änderungskündigungen sind „echte” Kündigungen, die mit einer Bestandgefährdung des Arbeitsverhältnisses einhergehen und stellen „Entlassungen” i.S.d. § 17 KSchG dar (BAG v. 20.2.2014 – 2 AZR 346/12, NZA 2014, 1069).
Maßstab für die Überprüfung der sozialen Rechtfertigung einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist, ob das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und der Arbeitgeber sich bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die den Arbeitnehmer am wenigsten beeinträchtigen und die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.3.2021 – 4 Sa 1243/20). Von den Arbeitsgerichten voll nachzuprüfen ist, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis zu den bisherigen Bedingungen für einzelne Arbeitnehmer tatsächlich entfallen ist. Dagegen ist die unternehmerische Entscheidung nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Vielmehr unterliegt die Organisationsentscheidung im Kündigungsschutzprozess nur einer Rechts- und Missbrauchskontrolle. Die Organisationsentscheidung ist lediglich dahingehend zu überprüfen, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist und ob sie ursächlich für den vom Arbeitgeber geltend gemachten Änderungsbedarf ist (vgl. BAG, Urt. v. 24.9.2015 – 2 AZR 680/14, AP Nr. 165 zu § 2 KSchG 1969; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.3.2021 – 4 Sa 1243/20). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags an die verbliebenen Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG, Urt. v. 29.9.2011 – 2 AZR 523/10, NZA 2012, 628 m.w.N.).
Eine Änderungskündigung ist wegen der mit ihr verbundenen Bestandsgefährdung (bei vorbehaltsloser Ablehnung des Änderungsangebots) unverhältnismäßig, wenn die erstrebte Änderung der Beschäftigungsbedingungen durch Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitsgebers gem. § 106 GewO möglich ist (BAG, Urt. v. 22.9.2016 – 2 AZR 509/15, NZA 2016, 1461; BAG, Urt. v. 6.9.2007 – 2 AZR 368/06). Der mögliche Wegfall des Beschäftigungsbedarfs zu den bisherigen Bedingungen „bedingt” in diesem Fall nicht i.S.v. § 2 S. 1, § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG eine (Änderungs-)Kündigung (BAG, Urt. v. 22.9.2016 – 2 AZR 509/15, a.a.O.).
Aus Sicht des vorsichtig agierenden, umsichtigen Praktikers ist die Änderungskündigung ein mit zahlreichen formellen und materiellen rechtlichen Risiken behaftetes Rechtsinstrument und die tragfähigen Änderungsmöglichkeiten sind – insb. bei Einpreisung der Prozessrisiken und -laufzeiten beschränkt. Deshalb wird immer wieder die Frage thematisiert, ob es leichter sei, zu (beendigungs-)kündigen als änderungszukündigen (Kittner, NZA 1997, 968; Stichwort: „Lieber Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende”). Verdeutlicht wird das Vorstehende auch durch die Entscheidung des Zweiten Senats, wenn dieser feststellt: Das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot muss eindeutig bestimmt, zumindest bestimmbar sein (Rechtsgeschäftslehre). Der Arbeitnehmer muss auch erkennen können, zu welchem Zeitpunkt die Änderungen eintreten sollen. Stehen das Kündigungsschreiben und der Inhalt des beigefügten Änderungsvertrags, aus dem sich die angestrebten Änderungen ergeben, in dieser Hinsicht in einem unauflöslichen Widerspruch, führt das zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung. Eine ordentliche Kündigung entfaltet Wirkungen erst mit Ablauf der Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer ist grds. nicht verpflichtet, in eine schon früher wirkende Vertragsänderung einzuwilli...