§ 2 Abs. 1 NachwG a.F. regelte bisher, dass der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen hatte. Diese einheitliche Frist gilt künftig nicht mehr. Vielmehr gilt ein dreifach gestuftes Fristensystem, das den Anwendern in der Praxis erfahrungsgemäß eine Vielzahl von Störfall- und Fehlerquellen eröffnet.
1. Dreistufiges Fristensystem
Im Einzelnen stellen sich die neuen Fristen wie folgt dar:
- Spätestens am ersten Kalendertag der Arbeitsleistung muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Niederschrift über die Angaben zu Namen und Anschrift der Vertragsparteien, der Zusammensetzung und der Höhe des Arbeitsentgelts sowie der vereinbarten Arbeitszeit aushändigen.
- Spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber die weiteren Angaben insb. zum Beginn des Arbeitsverhältnisses, der vereinbarten Befristung mit Enddatum, der vereinbarten Probezeit, dem Arbeitsort, der Tätigkeitsbeschreibung (hierzu Gaul/Pitzer/Pionteck DB 2022, 1833, 1840) sowie zur Arbeit auf Abruf und Überstunden niederzuschreiben und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.
- Für die übrigen Arbeitsbedingungen gilt weiterhin die Monatsfrist.
2. Besonderheiten bei Änderungen der Vertragsbedingungen
Eine Besonderheit gilt bei Änderungen der Vertragsbedingungen in bestehenden Arbeitsverhältnissen. Nach § 3 NachwG müssen Änderungen der Vertragsbedingungen im bestehenden Arbeitsverhältnis dem Arbeitnehmer an dem Tag, an dem sie wirksam werden, schriftlich mitgeteilt werden.
In Arbeitsverhältnissen, die bereits vor dem 1.8.2022 und damit vor Inkrafttreten des NachwG in seiner neuen Fassung bestanden haben, müssen Arbeitgeber nur auf Verlangen der Arbeitnehmer:innen die neuen gesteigerten Nachweisanforderungen erfüllen. Dann aber gilt die Nachweispflicht weitgehend binnen sieben Tagen. Nur wenige vereinzelte Angaben (Informationen über den Urlaub, die betriebliche Altersversorgung, die Pflichtfortbildung, das Kündigungsverfahren und geltende Kollektivvereinbarungen) können innerhalb der längeren Monatsfrist ausgehändigt werden. Mit anderen Worten ist auf Seiten des Arbeitgebers an dieser Stelle Reaktionsgeschwindigkeit gefordert, die nur bei entsprechend sorgfältiger und umsichtiger Planung und Vorbereitung erbracht werden kann. Gleichwohl sollten Arbeitgeber einzelfallbezogen bewerten, ob es sinnvoll ist, prophylaktisch Musterschreiben zu entwerfen und in Umlauf zu bringen (was identische bzw. einheitliche Arbeitsverträge und Arbeitsbedingungen erfordert) oder es vorzugswürdig ist, erst etwaige konkrete Nachweisverlangen abzuwarten.
Hinweis:
An dieser Stelle zeigt sich, dass Vertragsmuster-Wildwuchs mit einem hohen Administrationsaufwand und erheblichen (Bußgeld-)Risiken beim korrekten und fristgerechten Nachweis entsprechend dem NachwG einhergeht. Ohne zu wissen, was im Arbeitsverhältnis vereinbart wurde und gilt, kann der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer zwangsläufig nicht zutreffend und umfassend informieren. Das NachwG fördert insoweit den Zwang zur Standardisierung und Einheitlichkeit gerade in großen Organisationseinheiten.
Praxistipp:
Arbeitnehmer:innen, die ab dem 1.8.2022 ihre Tätigkeit beginnen, aber schon vorher ihren Arbeitsvertrag erhalten hatten, unterfallen nicht der abgeschwächten Nachweisregelung (nur auf Aufforderung). Bei ihnen findet das NachwG in neuer Fassung – auch ohne Verlangen – Anwendung, was ggf. den Abschluss eines aktualisierten Arbeitsvertrags oder jedenfalls die Übersendung eines frist- und formgerechten Nachweisschreibens in Ergänzung des Arbeitsvertrags erfordert. Gesetzesänderungen oder Änderungen in Tarifverträgen oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen müssen weiterhin nicht schriftlich angezeigt werden. Dabei gilt die Rückausnahme, dass der erstmalige Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung oder eines neuen Tarifvertrages ausweislich des Wortlauts von § 3 S. 2 NachwG nicht unter die Ausnahmeregelung fällt und somit eine Nachweispflicht auslöst.