Hat der zum Prozessbevollmächtigten bestellte Rechtsanwalt seine Kanzlei nicht am Sitz des Gerichts, hat er vor dem Termin gebühren- und erstattungsrechtliche Überlegungen anzustellen, wie für den Mandanten ein Verhandlungstermin vor dem auswärtigen Prozessgericht wahrgenommen werden soll. Hierbei wird der Rechtsanwalt mehrere Möglichkeiten in Betracht ziehen.
1. Prozessbevollmächtigter nimmt den Termin persönlich wahr
Die hierdurch entstehenden Fahrtkosten sind ohne Begrenzung auf fiktive Terminsvertreterkosten erstattungsfähig, weil sie kraft Gesetzes zu den erstattenden Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO gehören (BGH RVGreport 2010,156 [Hansens]). Im Kostenfestsetzungsverfahren ist vom Rechtspfleger/Urkundsbeamten der Geschäftsstelle lediglich zu prüfen, ob die im konkreten Fall geltend gemachten Terminsreisekosten der Höhe nach notwendig waren.
Beispiele:
- Die Übernachtung des Rechtsanwalts am Prozessort ist dann nicht notwendig, wenn die Hin- und Rückreise in der Zeit zwischen 5 Uhr und 22 Uhr zu bewältigen ist (OLG Koblenz AGS 2012, 50).
- Hohe Übernachtungskosten sind ebenfalls nicht notwendig (OLG Frankfurt a.M. AGS 2008, 409 = RVGreport 2008, 395 [Hansens]: außerhalb von Messezeiten in Frankfurt a.M. sind höchstens 170 EUR erstattungsfähig).
- Die Benutzung des Flugzeugs ist nur unter besonderen Voraussetzungen notwendig (BGH AGS 2015, 241 = zfs 2015, 404 m. Anm. Hansens = RVGreport 2015, 267 [Hansens]).
- Bei notwendiger Flugreise sind nach wohl h.M. die Kosten der Business-Class nicht notwendig (so etwa LAG Hamburg AGS 2010, 259 = RVGreport 2010, 33 [Hansens]; a.A. OLG Hamburg JurBüro 2008, 432).
2. Termin wird von einem Terminsvertreter wahrgenommen
Als weitere Möglichkeit kommt in Betracht, dass der Verhandlungstermin von einem anderen Rechtsanwalt als Terminsvertreter wahrgenommen wird. Hier muss zwischen zwei unterschiedlichen Fallgestaltungen entschieden werden.
a) Mandant beauftragt den Terminsvertreter selbst
In der am häufigsten vorkommenden Fallgestaltung beauftragt der Mandant den Terminsvertreter entweder durch eigene Erklärungen im eigenen Namen oder er wird hierbei durch seinen Prozessbevollmächtigten vertreten, der dem Terminsvertreter den Auftrag im Namen des Mandanten erteilt. In beiden Variationen schuldet der Mandant dem Terminsvertreter aus dem auf diese Weise zustande gekommenen Anwaltsdienstvertrag die gesetzliche Vergütung nach Maßgabe der Nrn. 3401 ff. VV RVG. Daneben schuldet der Mandant aufgrund des mit dem Prozessbevollmächtigten abgeschlossenen Anwaltsdienstvertrags dessen Vergütung, die sich im Regelfall ebenfalls nach den RVG bestimmt. Durch diese Art der Vertretung, nämlich einerseits durch den Prozessbevollmächtigten und andererseits durch den Terminsvertreter, fallen im Regelfall Mehrkosten an. Diese Mehrkosten sind grds. nur erstattungsfähig, wenn einmal die Voraussetzungen für die Erstattung von Terminsreisekosten für den Prozessbevollmächtigten vorliegen und die durch die Einschaltung des Terminsvertreters entstandenen Mehrkosten die hierdurch ersparten Terminsreisekosten des Prozessbevollmächtigten nicht wesentlich, nicht über 10 %, übersteigen (BGH AGS 2015, 241 = RVGreport 2015, 267 [Hansens]; BGH RVGreport 2012, 423 [ders.]; BGH RVGreport 2006, 275 [ders.]; BGH AGS 2023, 315 [N. Schneider]. Betragen die Terminsvertreter-Mehrkosten somit bis 110 % der ersparten Terminsreisekosten, so sind sie in voller Höhe erstattungsfähig (s. ausf. Hansens, RVGreport 2012, 122 ff.). Übersteigen diese Mehrkosten die ersparten Terminsreisekosten des Prozessbevollmächtigten um mehr als 10 %, sind die Mehrkosten auch dann i.H.v. 110 % der ersparten Terminsreisekosten des Prozessbevollmächtigten erstattungsfähig (BGH AGS 2015, 241 = zfs 2015, 404 m. Anm. Hansens = RVGreport 2015, 267 [Hansens]).
b) Prozessbevollmächtigter beauftragt den Terminsvertreter im eigenen Namen
Beauftragt (wie im Fall des BGH AGS 2023, 315 [N. Schneider]) der Prozessbevollmächtigte den Terminsvertreter im eigenen Namen, richtet sich dessen Vergütung dann nach der internen Vereinbarung, die zwischen dem Hauptbevollmächtigten und dem Terminsvertreter geschlossen wurde. Dabei können die sonst für einen Auftrag des Terminsvertreters durch die Partei anfallenden gesetzlichen Gebühren und Auslagen vereinbart werden. Diese können unterschritten (BGH AGS 2001, 51 = BRAGOreport 2001, 26 [Hansens]), aber auch überschritten werden. Vielfach sieht die Vereinbarung zwischen den Anwälten ein Pauschalhonorar vor, wie es auch die Düsseldorfer Prozessbevollmächtigten des Klägers im Fall des OLG München (AGS 2022, 448 [Hansens] = zfs 2022, 639 m. Anm. Hansens, bestätigt durch den Beschluss des VIa. Zivilsensats des BGH, Beschl. v. 22.5.2023 – VIa ZB 22/22 – AGS 2023, 321 [N. Schneider]) mit dem jeweiligen Terminsvertreter vereinbart hatten. Es kommt in der Praxis aber auch gelegentlich vor, dass für die Tätigkeit des Terminsvertreters im Auftrag des Prozessbevollmächtigten gar keine Vergütung vereinbart wird, wenn der Terminsvertreter etwa „kollegialiter” tätig wird (Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 25. Aufl. 2021, § 5 Rn 8).
Diese Fallgestaltung hat auf die Kostenerstattung folgende Auswirkungen:
aa) Mandant hat keine Kosten
Hat der Prozessbevollmächtigte den Ter...