Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 17.7.2020 – 15 U 76/19) hat sich ausführlich mit der Frage befasst, wann angesichts der verkürzten Darstellungsmöglichkeiten bei Google Ads-Werbung von einer Irreführung auszugehen ist. Die Beklagte bietet Inkassodienstleistungen für Verbraucher bei der Durchsetzung von Fluggastrechten an. Am 14.2.2018 warb sie auf ihrer Website u.a. mit einem Bild, auf dem sich der Text "250,00 EUR bis 600,00 EUR Entschädigung pro Person" und "(...) machen wir bis zu 600,00 EUR" befand. Auf ihrer Facebook-Seite hieß es unter "Info": "Mit A. bis zu 600 EUR Entschädigung sichern!" und in verschiedenen Google-Adwords Anzeigen der Beklagten war angegeben: "bis zu 600 EUR Entschädigung für Sie." Die Klägerin, eine Mitbewerberin, sah diese Formulierungen als irreführend an. Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden die Werbung dahingehend, dass jedenfalls in einem extremen Fall einer Verspätung und/oder Annullierung eines Fluges der Fluggast die angegebenen Beträge als Entschädigung ausbezahlt bekomme. Dies entspreche jedoch nicht der Wahrheit, da die Beklagte – insoweit unstreitig – für ihre Dienstleistungen eine Provision i.H.v. 20–30 % zzgl. Mwst. verlangt, die von dem Entschädigungsbetrag einbehalten wird. Das LG Mönchengladbach (Urt. v. 2.7.2019 – 22 O 46/18) verurteilte die Beklagte, die Berufung vor dem OLG Düsseldorf blieb erfolglos. Es stufte alle drei Werbeaussagen (eigene Webseite, Facebook und Google Ads) als irreführend (§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG) ein. Auf die Ads-Anzeige seien die Grundsätze der Blickfangwerbung anzuwenden. Danach ist eine Aussage per se unzulässig, wenn sie für sich genommen schlichtweg falsch bzw. objektiv unrichtig ist ("dreiste Lüge"). Ist der Blickfang hingegen nicht grob falsch, sondern enthält er lediglich nicht alle Angaben, die für eine irrtumsfreie Erfassung durch den angesprochenen Verkehr erforderlich sind, kann der durch den Blickfang veranlasste Irrtum regelmäßig (nur) durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat. Eine Ads-Werbung, die kein Fall der "dreisten Lüge" ist, sondern nur eine erkennbar unvollständige Kurzangabe und ähnlich einer Überschrift dazu einlädt, die ausführliche und präzise Information zur Kenntnis zu nehmen, könne mit Hilfe einer (per Link erreichbaren) Landing-Page vervollständigt werden. Insofern könnten also Irrtümer ausschließende Angaben mit Hilfe eines auf diese Internetseite verweisenden Links erfolgen. Voraussetzung bei der konkreten Werbemaßnahme sei allerdings, dass die Angaben auf der sich öffnenden Internetseite vollständig und unmissverständlich sind. Im vorliegenden Fall sah der Senat allerdings die Ads-Werbung "Bis zu 600 EUR Entschädigung für Sie" bzw. "250 EUR–600 EUR Entschädigung für Sie" als schlichtweg falsch an, was durch den Zusatz "für Sie" auch noch verstärkt werde. Insofern liege hier der Fall der "dreisten Lüge" vor. Dass auf der Landing-Page eine Aufklärung über die von der Beklagten geforderte Provision erfolgte, sah das OLG Düsseldorf daher als nicht mehr relevant an. Die Ads-Werbung war damit als Blickfang für sich genommen zu bewerten. Alle – unter Beachtung der Grundsätze der Blickfangwerbung – zu beurteilenden Werbeaussagen suggerierten den Kunden, dass sie eine Auszahlung in Höhe der genannten Beträge erhalten. Der Abzug der Erfolgsprovision von 20 bis 30 % zzgl. MwSt. und der Umstand, dass es sich bei den 600 EUR um die nach Art. 7 der Fluggastrechte-VO maximale Ausgleichssumme bei Nichtbeförderung und Annullierung oder großer Verspätung eines Fluges handelt, werde einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der im Zweifel die rechtliche Grundlage nicht kenne, nicht verständlich gemacht. Dass ein Verbraucher die Dienstleistung der Beklagten nicht unentgeltlich erwarte, ließ der Senat auch nicht gelten. Denn dem Verbraucher sei nicht klar, ob die Beklagte eine Vergütung nicht bereits "eingepreist" habe und zudem kenne der Verbraucher die Höhe einer Provision mangels hinreichender Aufklärung auch nicht.