In einem vor dem LG Schwerin geführten Rechtsstreit war die Frage rechtserheblich, ob fernmündlich oder per Bestätigungs-E-Mail ein Vertrag zustande gekommen war. Der Beweis eines fernmündlich abgeschlossenen Vertrages war der Klägerin nicht hinreichend gelungen. Soweit die Klägerin sich auf eine E-Mail berufen hatte, mit der von ihrer Seite aus angeblich die Vertragsbestätigung erklärt worden sein soll, führte die Klage ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Zugang der ohne Empfangs- und Lesebestätigungsanforderung versendeten E-Mail blieb streitig. Das LG Schwerin (Urt. v. 14.12.2023 – 3 O 133/21) wies darauf hin, dass die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens, das konstitutive Wirkung haben kann, nur dann gelten, wenn dieses auch zugegangen ist. Für einen Anscheinsbeweis des Zugangs einer solchen E-Mail bestehe keine Grundlage. Die von der Klägerin für ihren gegenteiligen Standpunkt angeführte Entscheidung (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 23.10.2008 – 30 C 730/08), die einen Anscheinsbeweis bejaht hat, sei eine Einzelfallentscheidung und habe sich nicht durchgesetzt. Es entspreche der in der (insb. auch obergerichtlichen) Rspr. nahezu einhelligen Auffassung, dass für den Zugang einer (im vorbezeichneten Sinne einfachen) E-Mail allein aufgrund des feststehenden Absendens, auch in Verbindung mit dem feststehenden Nichterhalt einer Unzustellbarkeitsnachricht aufseiten des Absenders, kein Anscheinsbeweis streitet (z.B. OLG Hamm, Beschl. v. 10.8.2023 – I-26 W 13/23; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.8.2018 – 2 Sa 403/18; LAG Köln, Urt. v. 11.1.2022 – 4 Sa 315/21; LG Hagen, Beschl. v. 31.3.2023 – 10 O 328/22).
Gegen das landgerichtliche Urteil hatte die Klägerin Berufung eingelegt. Das OLG Rostock sah die Sache nicht anders (Hinweisbeschl. v. 3.4.2024 – 7 U 2/24) und teilte mit, dass es die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen beabsichtige. Zu einem weiteren Beweisantritt der Klägerin, dass die Beklagte ihre gesamte E-Mail-Korrespondenz offenlegen müsse, führte das Gericht aus, dass darin eine prozessual unzulässige Ausforschung liege und solche Anordnungen auch in der „analogen Welt” nicht infrage kommen. Soweit die Klägerin zum Beweis des E-Mail-Zugangs bei der Beklagten auf eine Vorlage bzw. Offenlegung der gesamten elektronischen Posteingänge der Beklagten im hier interessierenden Zeitraum durch die Beklagte verweise, sei diesem Beweisantritt nicht nachzugehen. Nicht anders als in der „analogen Welt”, in der ein Zugangsnachweis in einem Zivilprozess unstreitig nicht dadurch geführt werden könne, dass die Briefkästen oder gar Wohn- und Geschäftsräume des vermeintlichen Empfängers umfassend auf den in Rede stehenden Brief „durchforstet” würden und der Prozessgegner diese Maßnahme zu dulden bzw. an ihr gar aktiv mitzuwirken habe, könne der Beweis des Zugangs einer E-Mail nicht dadurch erbracht werden, dass der vermeintliche Adressat selbst seinen E-Mail-Account mit dem virtuellen Posteingangskorb und ggf. weiteren Ablageordnern („Gelöschte Elemente” o.Ä.) zu Beweiszwecken gleichsam zur Verfügung stellen müsse (auch nicht indirekt im Rahmen einer sachverständigen Begutachtung). Ob für die Beklagte hinsichtlich des in Rede stehenden (E-Mail-)Schreibens eine steuer- oder handelsrechtliche Aufbewahrungspflicht bestanden habe, spiele insoweit keine Rolle.