Denkt man derzeit an die Automobilindustrie und die Zukunft des Fahrens, kommt man an dem medial allgegenwärtigen Ringen um den Ruf der großen Hersteller und das Überleben des Dieselmotors kaum vorbei. Doch während die Vertreter der großen Automobilkonzerne noch mit Politik und Öffentlichkeit über den Fortbestand vermeintlich überholter Technologien verhandeln, hat in deren Forschungs- und Entwicklungsabteilungen die Zukunft längst begonnen. Dort wird momentan an Lösungen gearbeitet, die Fahraufgaben zunehmend ohne Eingreifen des Fahrers bewältigen können. Was umgangssprachlich als "automatisiertes Fahren" auch den potenziellen Kunden immer bekannter wird, bringt als Ausfluss der Digitalisierung von Fahrzeugen zahlreiche rechtliche Fragestellungen mit sich. Im Wesentlichen lässt sich das automatisierte Fahren dabei in vier Automatisierungsstufen unterteilen, je nachdem, wie viel Kontrolle letztlich noch beim Fahrer liegen soll, wobei das "autonome Fahren" als höchste Stufe letztlich das komplett fahrerlose Fahren beschreibt.
Auch die Politik ist in diesem Bereich nicht untätig geblieben und hat in diesem Jahr einen Gesetzentwurf zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes verabschiedet, der einen ersten Schritt in Richtung Rechtssicherheit bei diesem Thema darstellt (s. "Achtes Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes" v. 16.6.2017, BGBl I, S. 1648). Dennoch gibt es hier noch bedeutsame Regelungslücken u.a. in folgenden Bereichen:
Verkehrs- und Zulassungsrecht: Zurzeit nicht geregelt ist das automatisierte Fahren im Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr, das die völkerrechtliche Grundlage für die Gestaltung des nationalen Verkehrsrechts darstellt. Zwar sieht die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur (BT-Drucks 18/9780) eine Öffnung für teilautomatisiertes Fahren vor, nach derzeitiger Fassung ist ein vollautomatisiertes Fahren ohne Fahrer jedoch noch unzulässig.
Auch die in der deutschen Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) geregelten Vorschriften, die auf die Anforderungen an die Europäische Typengenehmigung in der Europäischen Richtlinie 2007/46/EG sowie den zugehörigen ECE-Regeln rekurrieren, lassen derzeit eine Straßenverkehrszulassung von Lenkanlagen nur bis zu einer Geschwindigkeit von 10 km/h als genehmigungsfähig zu.
Ebenso ergibt sich ein Änderungsbedarf der Straßenverkehrsordnung (StVO), die u.a. den Sorgfaltsmaßstab des Fahrers festlegt. Bislang ist der Fahrer gehalten, nur so schnell zu fahren, dass er das Fahrzeug ständig beherrscht. Damit Fahrassistenzsysteme – womöglich viel weniger fehleranfällig – die Rolle des Fahrers übernehmen können, müssten die Verhaltensanforderungen und Sorgfaltspflichten an den Fahrer so gestaltet werden, dass diese von technischen Systemen übernommen werden könnten.
Das Straßenverkehrsgesetz wurde durch das "Achte Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes" bereits um Aspekte des automatisierten Fahrens ergänzt (BGBl I 2017, S. 1648). Künftig dürfen nun auch solche Fahrzeuge im Einsatz sein, die für eine bestimmte Zeit und in bestimmten Situationen die Kontrolle über das Fahrgeschehen übernehmen. Der Fahrzeugführer muss bei Nutzung der automatisierten Fahrfunktion allerdings besonders geregelte Pflichten zur unverzüglichen Wiederaufnahme der Steuerung beachten: Nach § 1b Abs. 2 StVG ist der Fahrzeugführer zur unverzüglichen Wiederaufnahme verpflichtet, wenn das System ihn dazu auffordert oder er ohne Aufforderung erkennt bzw. aufgrund offensichtlicher Umstände erkennen musste, dass die "Voraussetzungen für eine bestimmungsgemäße Verwendung" der automatisierten Fahrfunktionen nicht mehr vorliegen. Hält der Fahrer sich nicht an diese Sorgfaltspflichten, kann dies zukünftig eine (verschuldensabhängige) Fahrerhaftung nach § 18 StVG auslösen. Auch das pflichtwidrige Nichterkennen einer Situation zur Übernahme kann damit eine Sorgfaltspflichtverletzung darstellen und zu einer Haftung führen.
Automatisierte Systeme müssen "jederzeit durch den Fahrzeugführer übersteuer- oder deaktivierbar" sein. Der Fahrer wird also während der Fahrt nicht durch das System ersetzt. Das wäre erst beim autonomen Fahren der Fall, bei dem es keinen Fahrer mehr, sondern nur noch Passagiere gibt. Zudem soll eine Art "Blackbox" die wesentlichen Daten der Fahrt aufzeichnen und so auch bei der Klärung der Schuldfrage für eventuelle Unfälle behilflich sein.
Weiterhin sind erhöhte Prüfanforderungen im Hinblick auf Hard- und Softwarefunktionalität, die für die Fahrassistenzsysteme verantwortlich sind, zu definieren.
Zivil- und strafrechtliche Haftungsfragen: Zu Beweisschwierigkeiten kann es bei der Frage kommen, ob das automatisierte Fahrsystem oder der Fahrer schuld an einem Unfall ist. Zwar bleibt es gem. § 7 StVG bei der verschuldensunabhängigen Haftung, und auch an der Fahrerhaftung nach § 18 StVG wird – mit der Exkulpationsmöglichkeit nach § 18 Abs. 1 S. 2 – festgehalten, da der Fahrer, der sich berechtigterweise auf die automatisierte Fahrfu...