Die Überladung liegt in der Verantwortung von Fahrzeugführer und Halter (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 1.7.2019 – 2 Ss-OWi 1077/18).
Bei einer Überladung verstößt der Fahrer direkt gegen die Vorschrift des § 34 StVZO, die als Sonderregelung § 23 Abs. 1 S. 2 StVO vorgeht (OLG Celle, Beschl. v. 5.12.1975 – 1 Ss [OWi] 330/75; KG Berlin, Beschl. v. 8.1.1997 – 2 Ss 328/96 – 3 Ws [B] 626/96; Huppertz, VD 2006,164). Eine Ordnungswidrigkeit begeht aber nur, wer nicht nur tatbestandsmäßig, sondern auch rechtswidrig und vorsätzlich oder zumindest fahrlässig handelt. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet und fähig ist und er deshalb nicht erkennt, dass er einen Bußgeldtatbestand verwirklicht. Das Amtsgericht muss bei einer Verurteilung zur inneren Tatseite auch feststellen, ob es von Vorsatz oder Fahrlässigkeit ausgegangen ist (OLG Jena, Beschl. v. 28.9.2005 – 1 Ss 136/05; Fromm, NZV 2009, 534).
An die Sorgfaltspflichten des Fahrzeugführers sind wegen der großen Gefahren, die die Führung überladener Fahrzeuge mit sich bringt, strenge Anforderungen zu stellen. Der Fahrzeugführer hat deshalb unter Ausnutzung aller ihm zur Verfügung stehender Möglichkeiten zu prüfen, ob die übernommene Ladung zu einer Überschreitung des für das Fahrzeug zugelassenen Gesamtgewichts geführt hat, und ggf. das Fahrzeug auf der nächstgelegenen Waage wiegen zu lassen (OLG Jena, Beschl. v. 28.9.2005 – 1 Ss 136/05).
Im Hinblick auf den Fahrlässigkeitsvorwurf an den Fahrzeugführer bei einer Überladung kommt es nicht (mehr) darauf an, ob dieser die Überladung „erkennen” konnte, sondern darauf, ob er sie hätte „vermeiden” können (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 1.7.2019 – 2 Ss-OWi 1077/18).
Es ist grds. Sache des Fahrzeugführers, sich mit den nötigen technischen Hilfsmitteln und Fähigkeiten auszustatten, die eine Ausnutzung des zulässigen Gesamtgewichts ohne Überschreitung der gesetzlichen Gewichtsbegrenzungen ermöglichen. Ob und auf welche zuverlässigen Hilfsmittel er zur Vermeidung von Überladungen zurückgreift, liegt in der Verantwortung des Fahrzeugführers. Ist eine Fahrzeugwaage nicht vorhanden und sind absolut zuverlässige Berechnungen nicht möglich, muss der Fahrzeugführer die Ladung so weit verringern, bis er sich hinsichtlich der Einhaltung des zulässigen Gesamtgewichts auf der sicheren Seite befindet (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 1.7.2019 – 2 Ss-OWi 1077/18).
(Weiterführende) Hinweise:
1. Der Fahrer muss sich vor Fahrtantritt zuverlässig selbst Gewissheit darüber verschaffen, dass eine Überladung nicht vorliegt, und der Halter muss dafür Sorge tragen, dass der Fahrer diese Anforderungen auch erfüllen kann. Korrespondierend mit der selbstständigen Prüfungspflicht des Fahrers zur Vermeidung von Überladungen steht die u.a. aus § 31 Abs. 2 StVZO folgende Pflicht des Halters, dafür Sorge zu tragen, dass der Fahrer seine Pflichten auch erfüllen kann. Der Halter hat die Fahrt so zu organisieren, dass der Fahrer in die Lage versetzt wird, durch zuverlässige und geeignete Maßnahmen das Ladegewicht zu bestimmen oder zumindest eine Überladung zu vermeiden.
2. § 31c StVZO (Überprüfung von Fahrzeuggewichten) lautet:
„ 1 Kann der Führer eines Fahrzeugs auf Verlangen einer zuständigen Person die Einhaltung der für das Fahrzeug zugelassenen Achslasten und Gesamtgewichte nicht glaubhaft machen, so ist er verpflichtet, sie nach Weisung dieser Person auf einer Waage oder einem Achslastmesser (Radlastmesser) feststellen zu lassen. 2 Nach der Wägung ist dem Führer eine Bescheinigung über das Ergebnis der Wägung zu erteilen. 3 Die Kosten der Wägung fallen dem Halter des Fahrzeugs zur Last, wenn ein zu beanstandendes Übergewicht festgestellt wird. 4 Die prüfende Person kann von dem Führer des Fahrzeugs eine der Überlastung entsprechende Um- oder Entladung fordern; dieser Auflage hat der Fahrzeugführer nachzukommen; die Kosten hierfür hat der Halter zu tragen.”
3. Nach älterer Rechtsprechung bestand eine Überprüfungspflicht (des Fahrers) nur dann, wenn äußere Anzeichen für eine Überladung vorlagen (beispielsweise eine Änderung des Lenkverhaltens, sich durchbiegende Federn, verlangsamtes Anzugs- und Steigungsvermögen des Fahrzeugs, geminderte Bremsverzögerung, geringe Wendigkeit sowie auch Höhe, Umfang und Art der Ladung). Im Hinblick auf die technische Weiterleitung wurde diese Rechtsprechung aufgegeben. Es besteht nun eine aktive Überprüfungspflicht des Fahrers (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 1.7.2019 – 2 Ss-OWi 1077/18).