Die Gestaltung des privaten Lebensbereichs steht grds. außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers. Die Arbeitsvertragsparteien verbindet im Ausgangspunkt allein der Austausch von Arbeit gegen Lohn im Rahmen ihres Dauerschuldverhältnisses. Ein außerdienstliches Verhalten vermag dieses Synallagma erst einmal nicht zu stören. Jedoch ist der Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt der aus § 241 Abs. 2 BGB folgenden Rücksichtnahmepflicht (auch außerhalb der Arbeitszeit) verpflichtet, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Entsprechende berechtigte Interessen bestehen dort, wo ein außerdienstliches Verhalten einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat und entweder den Leistungsbereich, den Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, den personalen Vertrauensbereich oder den Unternehmensbereich betrifft. Handelt der Arbeitnehmer diesen schützenswerten Interessen des Arbeitgebers zuwider, steht eine verhaltensbedingte Kündigung in Frage (vgl. Steinau-Steinrück, NJW-Spezial 2018, 626).
Der dringende Verdacht, Mitglied oder Unterstützer einer terroristischen Vereinigung (= Gefährder) zu sein, ist aber nur dann als Kündigungsgrund geeignet, wenn eine Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis durch eine konkrete Beeinträchtigung im Leistungsbereich, im Bereich der betrieblichen Verbundenheit aller Mitarbeiter, im personalen Vertrauensbereich oder im betrieblichen Aufgabenbereich vorliegt oder die Eignung des Arbeitnehmers für die Arbeitsleistung entfallen ist oder durch greifbare Tatsachen zu belegende berechtigte Sicherheitsbedenken bestehen (vgl. LAG Niedersachsen, Urt. v. 12.3.2018 – 15 Sa 319/17, NZA-RR 2018, 421; Plum, NZA 2019, 497).
Die vorstehende zweitinstanzliche Entscheidung des LAG Niedersachsen belegt, dass die Kündigung mutmaßlicher Gefährder für den Arbeitgeber kein „leichtes Terrain” ist (Plum, NZA 2019, 497, 498; Hohenhaus, NZA 2016, 1046). Bereits die rechtlich tragfähige Erfassung des Kündigungsgrundes und sein Nachweis etwa als
- strafrechtlich relevantes Verhalten,
- Verdacht der Förderung des Terrorismus,
- Verstoß gegen Verhaltensgrundsätze und/oder
- Eignungsmangel aufgrund von Sicherheitsbedenken (= personenbedingte Kündigung),
bereitet dem Arbeitgeber mit Blick auf die vor dem Arbeitsgericht nötige Substantiierung und den Beweis, erhebliche streitentscheidende Probleme. Hat doch das LAG Niedersachsen in seinem Fall keinen dieser „Gründe” als ausreichend zur sozialen Rechtfertigung der streitgegenständlichen Kündigung erachtet.
Ein Umstand, der einen Terrorverdacht auf eine Person fallen lässt, beschränkt sich i.d.R. auf das Private. Es handelt sich um außerdienstliches Verhalten, das außerhalb der Arbeitszeit stattfindet und dessen Wirkung noch nicht einmal auf das Arbeitsverhältnis gerichtet ist. Ein „Verhalten als Gefährder” kann eine verhaltensbedingte Kündigung deshalb nur rechtfertigen, falls es sich dabei gleichzeitig um ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers handelt. Außerdienstliches Verhalten kann nur vertragswidrig sein, soweit sich aus dem Arbeitsvertrag eine Verpflichtung ergibt, ein solches Verhalten zu unterlassen (Hohenhaus, NZA 2016, 1046, 1048).
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses von (mutmaßlichen) „Gefährdern” hat i.d.R. deshalb nur unter dem Gesichtspunkt von Sicherheitsbedenken eine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BAG, Urt. v. 20.7.1989 – 2 AZR 114/87, BAGE 62, 256; Plum, NZA 2019, 497, 502). Dafür spricht auch, dass das Maß der Treue- und Loyalitätspflichten einen fließenden Maßstab darstellt, der wie die Interessenabwägung zur Prognoseunsicherheit bei der Bestimmung der Auswirkung eines Verhaltens auf die Eignung zur Ausübung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit führt (vgl. Steinau-Steinrück, NJW-Spezial 2018, 626).