1 Neuregelungen im Oktober
Der Oktober bringt für die Rechtsanwender wieder einige Neuerungen: Die ersten Regelungen des reformierten strafrechtlichen Sanktionenrechts treten in Kraft, die EU hat weitere Vorgaben zum Umweltschutz gemacht und auch das anwaltliche Berufsrecht erfährt Änderungen. Im Einzelnen:
- Reform des strafrechtlichen Sanktionenrechts
Am 1. Oktober ist das Gesetz zur Überarbeitung des strafrechtlichen Sanktionsrechts in Kraft getreten. Geschlechtsspezifische sowie gegen die sexuelle „Orientierung” gerichtete Tatmotive werden jetzt ausdrücklich als bei der Strafzumessung zu berücksichtigende Umstände genannt. Dies soll dazu beitragen, v.a. gegen Frauen und Trans-Personen gerichtete Hassdelikte angemessen zu ahnden. Im Maßregelrecht werden für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt u.a. die Anordnungsvoraussetzungen enger gefasst. Damit soll die Unterbringung wieder stärker auf tatsächlich behandlungsbedürftige und -willige Straftäter fokussiert und so der zunehmenden Überlastung der Entziehungsanstalten entgegengewirkt werden. Noch nicht in Kraft, sondern nachträglich per gesondertem Gesetz um vier Monate verschoben wurde die Halbierung der Ersatzfreiheitsstrafe. Grund hierfür war der Einwand der Bundesländer, dass für die Umsetzung ein längerer Vorlauf benötigt werde (s. dazu näher ZAP 2023, 875).
- Reduzierung von Mikroplastik
Am 15. Oktober in Kraft getreten ist eine neue EU-Vorgabe, der zufolge die Freisetzung von Mikroplastik-Partikeln in die Umwelt stark reduziert werden soll. Verboten ist jetzt der Verkauf von Mikroplastik als solchem und von Produkten, denen kleinste Plastikpartikel bewusst zugesetzt wurden (etwa Glitzer, Spielzeug sowie Wasch- und Duschgels), und die dieses bei der Verwendung wieder freisetzen. In hinreichend begründeten Fällen gelten für die Industrie allerdings Ausnahmeregelungen und Übergangsfristen zur Anpassung an die neuen Vorschriften.
Anfang Oktober sind Änderungen in BORA und FAO in Kraft getreten, nachdem das BMJ „grünes Licht” für die Beschlüsse der 7. Satzungsversammlung gegeben hatte. Für Fachanwältinnen und Fachanwälte gibt es jetzt Erleichterungen beim Nachweis der zu absolvierenden Fortbildungsstunden. Sowohl in § 4 FAO, der den erstmaligen Erwerb von Fachanwaltstiteln regelt, als auch in § 15 FAO, wonach jährlich mind. 15 Stunden Fortbildung zu absolvieren sind, wurde ergänzt, dass die notwendigen Fortbildungsstunden innerhalb einer angemessenen Frist nachgeholt werden können. Neu gefasst wurde auch § 31 BORA, der die Einhaltung des Berufsrechts in Berufsausübungsgesellschaften sicherstellen soll. Die Neuregelung konkretisiert § 59e BRAO, wonach die Gesellschaften durch geeignete Maßnahmen sicherstellen müssen, dass berufsrechtliche Verstöße frühzeitig erkannt und abgestellt werden und dass auch nicht-anwaltliche Gesellschafter die Berufspflichten erfüllen.
[Quellen: Bundesregierung/BRAK]
2 Anwaltsvertretungen dringen erneut auf Gebührenanpassung
Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und der Deutsche Anwaltverein (DAV) haben sich erneut für eine zeitnahe Erhöhung der anwaltlichen Vergütung stark gemacht. In einer gemeinsamen Stellungnahme bekräftigten sie Ende September ihre bereits wiederholt vorgetragene Forderung nach einer linearen Anpassung der Anwaltsgebühren, um eine Angleichung an die wirtschaftliche Entwicklung zu erreichen.
Die beiden Organisationen führen in ihrem Forderungsschreiben aus, dass neben den grds. stetig wachsenden Kosten zur Unterhaltung einer Kanzlei auch die enorm gestiegene Inflationsrate in Folge der Pandemie sowie der Energiekrise aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ein rasches Handeln erfordern. Bereits bei der letzten Vergütungsanpassung durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 sei keine vollständige Angleichung an die wirtschaftliche Entwicklung seit dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz von 2013 erfolgt. Auch diese Differenz muss nach Ansicht der beiden Anwaltsvertretungen dringend ausgeglichen werden.
Mit der Stellungnahme schlagen BRAK und DAV zudem strukturelle Änderungen im RVG vor. So solle das Schriftformerfordernis bei Rechtsanwaltsrechnungen in § 10 RVG – unabhängig von der Zustimmung von Mandantinnen und Mandanten – durch die Textform ersetzt werden. Auch die Zusatzgebühr nach Nr. 1010 VV RVG sollte laut BRAK und DAV dahingehend geändert werden, dass diese unabhängig von der Durchführung einer Beweisaufnahme bei der Teilnahme an mehr als zwei Terminen mit einer Gesamtdauer von insgesamt mehr als 120 Minuten entsteht. Daneben wird die Einführung einer gesonderten Vergütung für die Tätigkeit im strafrechtlichen Zwischenverfahren und die Anhebung der Verfahrenswerte in Kindschafts- sowie Gewaltschutz- und Abstammungssachen gefordert.
Nicht zuletzt sind DAV und BRAK der Auffassung, dass die Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 VV RVG künftig auch das Einscannen von in Papierform vorliegenden Akten zur weiteren Bearbeitung als elektronische Akte erfassen sollte. Auch halten die Organisationen eine Erhöhung der Fahrtkostenpauschale nach Nr. 7003 VV RVG auf...