§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO verlangt ausdrücklich ein besonderes Interesse des Klägers an der Feststellung, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist.
Hinweis:
Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt des Eintritts der Erledigung, sondern der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung.
Das Feststellungsurteil muss geeignet sein, die Lage des Klägers zu verbessern. Hierbei genügt jedes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur. In diesem Zusammenhang haben sich vier Fallgruppen herausgebildet:
- Wiederholungsgefahr,
- Rehabilitationsinteresse,
- Schwerwiegender, sich typischerweise kurzfristig erledigender Grundrechtseingriff und
- Präjudizinteresse.
aa) Wiederholungsgefahr
Von Wiederholungsgefahr spricht man, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Behörde bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen einen vergleichbaren Verwaltungsakt erneut erlässt (BVerwG, Beschl. v. 23.11.2022 – 6 B 22.22, juris Rn 13).
Hinweis:
Es muss dem Kläger um die Klärung für sich selbst und nicht für Dritte gehen. Die Wiederholungsgefahr muss im Verhältnis zwischen den Beteiligten bestehen.
Damit setzt die Wiederholungsgefahr zwei Elemente voraus: erstens eine Möglichkeit, dass sich ein Sachverhalt vergleichbar erneut ereignet, und zweitens die Annahme, dass die Behörde hierauf in gleicher Weise reagiert und an ihrer bisherigen, zwischen den Beteiligten strittigen Rechtsauffassung festhält.
Hinweis:
Hat sich die Wiederholungsgefahr bereits realisiert, besteht kein berechtigtes Fortsetzungsfeststellungsinteresse mehr. In dieser Konstellation muss der Kläger gegen die erneute Verwaltungsmaßnahme vorgehen und diese auf Rechtmäßigkeit überprüfen lassen.
In versammlungsrechtlichen Verfahren sind die für die Beurteilung des Rechtsschutzinteresses bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage geltenden Anforderungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Versammlungsfreiheit anzuwenden.
Hinweis:
So reicht es auf Seiten des Klägers aus, wenn sein Wille erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden (BVerwG, NJW 2004, 2510, 2512).
bb) Rehabilitationsinteresse
Ein Rehabilitationsinteresse setzt voraus, dass die angegriffene Maßnahme einen diskriminierenden Charakter aufweist. Eine diskriminierende Wirkung besteht, wenn der erledigte Verwaltungsakt auf dem Vorwurf einer strafbaren Handlung beruht, das allgemeine Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt oder wenn er geeignet war, den Betroffenen in der Achtung der Öffentlichkeit oder seiner Kollegen herabzusetzen (Wolff, a.a.O., § 113 Rn 273).
Das schutzwürdige Interesse des Klägers an seiner Rehabilitierung muss noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts bestehen (Decker, a.a.O., § 113 Rn 87.1). Auch insoweit kommt es auf eine objektive Betrachtungsweise an; es genügt nicht, dass der Kläger die Maßnahme als diskriminierend empfunden hat.
Beispiel:
Ein Rehabilitationsinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Nichtversetzung in die nächsthöhere Klasse besteht dann, wenn sich die Entscheidung der Schule auf die weitere schulische oder berufliche Laufbahn des Schülers nachteilig auswirken kann. Ein solcher Nachteil muss weder unmittelbar bevorstehen noch sich konkret abzeichnen (BVerwG, NVwZ 2007, 227).
cc) Schwerwiegender, sich typischerweise kurzfristig erledigender Grundrechtseingriff
Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) gebietet es, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, in Fällen tiefgreifender, tatsächlich jedoch nicht fortwirkender Grundrechtseingriffe auch dann die Rechtmäßigkeit des Eingriffs gerichtlich klären zu lassen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (Decker, a.a.O., § 113 Rn 87.4).
dd) Präjudizinteresse
Das Präjudizinteresse besteht, wenn der Kläger durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine für sich positive Ausgangslage in einem anschließenden Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess erzielen kann.
Hinweis:
Das Zivilgericht, das über einen Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess zu entscheiden hat, ist nach § 121 VwGO an die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts durch das Verwaltungsgericht gebunden.
Diese Fallgruppe ist jedoch nur in Fällen der Erledigung nach Klageerhebung anerkannt. Denn hat sich der Verwaltungsakt schon vor Klageerhebung erledigt, so bedarf es keines Rechtsschutzes durch die Verwaltungsgerichte. In einem solchen Fall kann der Betroffene wegen eines von ihm erstrebten Schadensersatzes sogleich das zuständige Zivilgericht anrufen, da...