Der im Wege der Prozesskostenhilfe (PKH) oder Verfahrenskostenhilfe (VKH) beigeordnete Rechtsanwalt hat in erster Linie die Interessen des bedürftigen Mandanten im Blick, sodann befasst er sich mit dem Kostenerstattungsanspruch und zuletzt mit seinem eigenen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse. Dass der PKH-Anwalt auch die Interessen der Landeskasse wahrzunehmen hat, gerät dann leicht aus dem Blickfeld. Dies kann sich negativ auf die Vergütungsansprüche des PKH-Anwalts auswirken.
1. Anspruch gegen die Staatskasse
Dem im Wege der PKH oder VKH beigeordneten Rechtsanwalt steht wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Staatskasse gem. §§ 45 Abs. 1, 46 Abs. 1, 48 Abs. 1 RVG zu. Berechnen sich seine Gebühren nach dem Gegenstandswert, ist dabei die Gebührentabelle des § 49 RVG zugrunde zu legen.
2. Anspruch gegen die Partei
Ferner hat der PKH/VKH-Anwalt aus dem mit dem Mandanten geschlossenen Anwaltsdienstvertrag einen Vergütungsanspruch gegen den eigenen Mandanten. Wegen der Regelung in § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann der Rechtsanwalt diesen Anspruch jedoch gegen die Partei nicht geltend machen, soweit PKH bewilligt worden ist. Lediglich bei Bewilligung von Teil-PKH steht dem Rechtsanwalt gegen seinen Mandanten ungeachtet der PKH-Bewilligung ein (Teil-)Anspruch auf Anwaltsvergütung zu.
3. Anspruch gegen den Gegner
Erlangt der bedürftige Mandant gegen den Gegner einen Kostenerstattungsanspruch, steht dem PKH-Anwalt insoweit gem. § 126 Abs. 1 ZPO ein eigenes Beitreibungsrecht zu. Der PKH-Anwalt kann somit den Kostenerstattungsanspruch seines bedürftigen Mandanten gegen den Gegner im eigenen Namen, auf eigenes Risiko und auf eigene Kosten durch Erwirken eines Kostenfestsetzungsbeschlusses geltend machen.
Hinweis:
Sämtliche Ansprüche des PKH-Anwalts bestehen nebeneinander. Der PKH-Anwalt kann jedoch dieselben Ansprüche nicht doppelt geltend machen. Wohl kann der beigeordnete Rechtsanwalt aus der Landeskasse die – niedrigere – PKH-Anwaltsvergütung verlangen und den Differenzbetrag zu den Wahlanwaltsgebühren gem. § 126 Abs. 1 ZPO gegenüber dem erstattungspflichtigen Gegner geltend machen.
4. Forderungsübergang auf die Staatskasse
a) Gesetzliche Regelung des Forderungsübergangs
Soweit dem im Wege der PKH oder VKH beigeordneten Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Partei oder einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht, geht dieser Anspruch mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse auf die Staatskasse über (§ 59 Abs. 1 S. 1 RVG). Hat somit die Staatskasse dem im Wege der PKH oder VKH beigeordneten Rechtsanwalt die ihm aus der Staatskasse zustehende Vergütung ausgezahlt, so geht der dem PKH-Anwalt gem. § 126 Abs. 1 ZPO zustehende Erstattungsanspruch gegen den ersatzpflichtigen Gegner auf die Staatskasse über. Damit kann die Staatskasse aufgrund dieses Forderungsübergangs das dem PKH-Anwalt zustehende Beitreibungsrecht gem. § 126 Abs. 1 ZPO gegen den ersatzpflichtigen Gegner geltend machen.
Dies setzt allerdings voraus, dass die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch gegen den ersatzpflichtigen Gegner überhaupt gegeben sind. Dies erfordert eine Kostenentscheidung oder eine Kostenregelung in einem Vergleich, wonach der Gegner der bedürftigen Partei zur Erstattung außergerichtlicher Kosten verpflichtet ist.
b) Vereitelung des Forderungsübergangs
Der beigeordnete Rechtsanwalt hat gegenüber der Staatskasse die Verpflichtung, diese bei der Beitreibung von auf sie übergegangenen Ansprüchen gegen einen potentiell erstattungspflichtigen Dritten zu unterstützen. Kommt der beigeordnete Rechtsanwalt dieser letztlich aus dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben hergeleiteten Verpflichtung nicht nach, so kann er seinen eigenen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse verlieren. Dabei muss der Rechtsanwalt in dem Bewusstsein gehandelt haben, die Staatskasse ohne einen zwingenden sachlichen Grund zu beeinträchtigen. Eine regelrechte Schädigungsabsicht muss der Rechtsanwalt dagegen nicht haben.
Eine Beeinträchtigung der Interessen der Staatskasse liegt vielfach dann vor, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt auf eine Kostenentscheidung zugunsten seines Mandanten, aus der sich das Beitreibungsrecht des PKH-Anwalts gem. § 126 Abs. 1 ZPO herleitet, verzichtet. Eine solche Vereitelung hat ihre Ursache meist nicht in einem unredlichen Verhalten des Rechtsanwalts, sondern beruht oft auf der Unkenntnis des Anwalts von dem Zusammenspiel von Kostenerstattungsanspruch der bedürftigen Partei, dem eigenen Beitreibungsrecht gegen den Gegner und dem Recht der Staatskasse, diese Ansprüche nach dem Forderungsübergang gegen einen ersatzpflichtigen Gegner geltend zu machen.
Eine – teilweise oder völlige – Vereitelung des Forderungsübergangs auf die Staatskasse kann in mehreren Fallgestaltungen eintreten:
- Der PKH-Anwalt schließt einen Vergleich, in dem der Gegner bei der Kostenverteilung im Verhältnis zur Sach- und Rechtslage übermäßig entlastet wird (OLG München JurBüro 2004, 37).
- Der Rechtsanwalt rät einem nicht bedürftigen Mandanten, eine zweifelhafte Forderung an einen bedürftigen Strohmann abzutreten, dem für die beabsichtigte Klage PKH ohne Ratenzahlungsanordnung unter Beiordnung des Anwalts bewilligt wird. Hat der Rechtsanwalt dabei fü...