Im Beschwerdeverfahren erhält der Anwalt die Gebühren nach Teil 3 Abschnitt 2 VV RVG, nach den Nr. 3200 ff. VV RVG. Dass seit dem 1.8.2009 in Erbscheinsbeschwerdeverfahren nicht mehr die 0,5-Gebühren nach den Nr. 3500 ff. VV RVG anfallen, sondern gemäß Vorbem. 3.2.1 Nr. 2b VV RVG die Gebühren eines Berufungsverfahrens nach den Nr. 3200 ff. VV RVG, sollte sich zwischenzeitlich auch in Anwaltskreisen herumgesprochen haben. Es besteht jedoch Anlass, darauf nochmals ausdrücklich hinzuweisen, da nach wie vor die inzwischen acht Jahre alte „Neuregelung“ manchen Anwälten immer noch nicht bekannt ist und zum Teil sogar Anleitungsbücher immer noch von der alten Rechtslage ausgehen und sich über die vermeintlich zu geringen Beschwerdegebühren beschweren (Bonefeld/Kroiß/Tank, Der Erbprozess, 5. Aufl. 2017, § 10 Rn 28).
Es entsteht zunächst eine 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG, die sich im Falle einer vorzeitigen Erledigung nach Nr. 3201 Nr. 1 VV RVG auf 1,1 ermäßigt. Das wiederum ist der Fall, wenn der Anwalt den Auftrag zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens erhält, sich die Sache dann aber vor Einreichung der Beschwerde erledigt. Ebenso entsteht nur die ermäßigte Verfahrensgebühr, wenn sich der Anwalt für den Beschwerdegegner lediglich bestellt, ohne einen Antrag zu stellen oder einen Schriftsatz mit Sachvortrag einzureichen.
Darüber hinaus kommt auch hier eine Ermäßigung bei eingeschränkter Tätigkeit in Betracht (Anm. Abs. 2 Nr. 2 zu Nr. 3201 VV RVG), nämlich dann, wenn nur die Beschwerde eingereicht und begründet und die Entscheidung des Gerichts entgegengenommen wird. Im Gegensatz zu den sonstigen Verfahren löst weder das Einlegen des Rechtmittels noch seine Begründung die volle Verfahrensgebühr aus. Erst dann, wenn sich nach der Begründung weitere Korrespondenz anschließt oder es zu einer mündlichen Verhandlung oder Beweisaufnahme kommt, entsteht die volle 1,6-Verfahrensgebühr.
Beispiel 13: Beschwerdeverfahren mit vorzeitiger Erledigung
Gegen einen ablehnenden Vorbescheid legt der Antragsteller Beschwerde ein. Der Anwalt eines weiteren Beteiligten nimmt die Beschwerde entgegen, bestellt sich und veranlasst nichts Weiteres. Die Beschwerde wird ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Der Geschäftswert wird auf 100.000 EUR festgesetzt.
Es entsteht nur die ermäßigte Verfahrensgebühr nach Anm. Abs. 2 Nr. 2 zu Nr. 3201 VV RVG.
1. |
1,1-Verfahrensgebühr, Nr. 3200, 3201 VV RVG (Wert: 100.000 EUR) |
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1.653,30 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.673,30 |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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317,93 EUR |
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Gesamt |
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1.991,23 EUR |
Beispiel 14: Beschwerdeverfahren mit eingeschränkter Tätigkeit
Gegen einen ablehnenden Vorbescheid legt der Anwalt des Antragstellers Beschwerde ein und begründet diese. Das Beschwerdegericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung und setzt den Geschäftswert auf 100.000 EUR fest.
Es entsteht nur die ermäßigte Verfahrensgebühr nach Anm. Abs. 2 Nr. 2 zu Nr. 3201 VV RVG. Abzurechnen ist wie im vorausgegangenen Beispiel.
Beispiel 15: Beschwerdeverfahren mit voller Verfahrensgebühr
Gegen einen ablehnenden Vorbescheid legt der Anwalt des Antragstellers Beschwerde ein und begründet diese. Anschließend werden noch weitere Schriftsätze gewechselt. Das Beschwerdegericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung und setzt den Geschäftswert auf 100.000 EUR fest.
Jetzt ist die volle 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG angefallen.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG (Wert: 100.000 EUR) |
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2.404,80 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.424,80 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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460,71 EUR |
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Gesamt |
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2.885,51 EUR |
Bei mehreren Auftraggebern kann wiederum die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG greifen (s. oben 1. b, Beispiel 9, 10).
Hinzukommen kann unter den Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG wiederum eine Terminsgebühr i.H.v. 1,2 (Nr. 3202 VV RVG).
Beispiel 16: Beschwerdeverfahren mit Termin
Über die Beschwerde gegen einen Vorbescheid auf Erteilung des Erbscheins wird mündlich verhandelt. Der Geschäftswert wird auf 100.000 EUR festgesetzt.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG (Wert: 100.000 EUR) |
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2.404,80 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG (Wert: 100.000 EUR) |
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1.803,60 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
4.228,40 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG |
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803,40 EUR |
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Gesamt |
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5.031,80 EUR |
Möglich ist auch hier eine Einigungsgebühr, deren Höhe sich dann auf 1,3 beläuft (Anm. Abs. 1 zu Nr. 1004 VV RVG).
Beispiel 17: Beschwerdeverfahren mit Termin und Einigung
Über die Beschwerde gegen die Ablehnung, den Erbschein des Mandanten einzuziehen, der ihn als Alleinerbe ausweist, wird Beschwerde erhoben und darüber mündlich verhandelt. Im Termin wird eine Einigung erzielt. Der Geschäftswert wird auf 100.000 EUR festgesetzt.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG (Wert: 100.000 EUR) |
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2.404,80 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG (Wert: 100.000 EUR) |
|
1.803,60... |