Flächenabweichungen von mehr als 10 % stellen bekanntlich einen Mangel der Mietsache dar. Dabei stellt die Flächenangabe im Mietvertrag die Soll-Beschaffenheit dar. Schwieriger kann die Ermittlung der Ist-Beschaffenheit sein.
1. Maßgebliche Berechnungsvorschrift
Dies liegt u.a. daran, dass es für den preisfreien Wohnraum keine zwingenden Berechnungsvorschriften hinsichtlich der Wohnfläche gibt. Nach ständiger Rechtsprechung ist im frei finanzierten Wohnungsbau mangels ausdrücklich anderer vertraglicher Vereinbarung die Wohnfläche grundsätzlich nach den für den öffentlich geförderten Wohnungsbau geltenden Berechnungsvorschriften zu berechnen. Das sind die bis zum 31.12.2003 geltenden §§ 42–44 II. BV oder die seit 1.1.2004 geltende WohnflächenVO. Im öffentlich geförderten Wohnungsbau ist dabei das Datum der Errichtung des Gebäudes maßgeblich. Lediglich bei baulichen Veränderungen, die Einfluss auf die Wohnfläche haben (regelmäßig die vorgesetzten neuen Balkone), findet auf Altbauten die WohnflächenVO Anwendung. Für den freifinanzierten Wohnungsbau hat der BGH jetzt noch einmal darauf hingewiesen, dass hier der maßgebliche Stichtag das Datum des Mietvertragsabschlusses ist. Das hat zur Folge, dass bei Wohnungen in Altbauten die Wohnfläche bei Vertragsschluss ab 1.1.2004 nach der WohnflächenVO zu erfolgen hat (BGH, Beschl. v. 17.10.2023 – VIII ZR 61/23, MietPrax-AK § 526 BGB Nr. 67).
Hinweis:
1. Das kann zur Folge haben, dass in einem vor dem 1.1.2004 errichteten Gebäude die Wohnfläche für die einzelnen Wohnungen nach unterschiedlichen Berechnungsvorschriften zu erfolgen hat, was insbesondere bei der Anrechnung der Balkonfläche größere Bedeutung hat.
2. Aber auch im preisfreien Wohnungsbau ändert sich die Berechnungsvorschriften gem. § 5 WohnflächenVO bei Mietverträgen, die bis 31.12.2003 abgeschlossen wurden, wenn nach diesem Termin durch bauliche Maßnahmen Veränderungen an der Wohnfläche vorgenommen wurden.
2. Türnische
Aber selbst wenn die maßgebliche Berechnungsvorschrift feststeht, kann es noch Probleme geben, wie die Fläche im konkreten Einzelfall zu berechnen ist. So musste der BGH (Urt. v. 27.9.2023 – VIII ZR 117/22, MDR 2023, 1442 = WuM 2023, 683 = GE 2023, 1143 = DWW 2023, 380 = NZM 2023, 928 = NJW-RR 2023, 1438 = MietPrax-AK § 3 WoFlV Nr. 1 m. Anm. Eisenschmid; Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 23/2023 Anm. 2; Monschau, a.a.O., 2023, 349) sich mit der Frage befassen, was eine Türnische ist. Türnischen bleiben nämlich bei der Ermittlung der Grundfläche außer Betracht, und zwar sowohl nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 WohnflächenVO wie auch nach § 43 Abs. 5 S. 2 II. BV oder der aufgehobenen, aber dennoch weiter verwendeten DIN 283 Blatt 2 Ziff. 2.12. Im konkreten Fall gab es zwei größere Wanddurchbrüche zwischen zwei Zimmern. Die Nichtberücksichtigung dieser Flächen führte zu einer Flächenabweichung von mehr als 10 %. Bei Berücksichtigung der Fläche lag die Abweichung knapp unter 10 %. Da der Mieter die Miete um 10 % gemindert hatte und der Vermieter wegen des vermeintlichen Rückstands gekündigt hatte, hatte die Frage, ob man die 0,1 m2 berücksichtigen musste oder nicht, erhebliche Folgen. Das LG hatte angenommen, dass es sich um keine Türnische handelte, da weder ein Türfutter noch eine Tür vorhanden waren. Das Vorhandensein dieser Bauteile stellt nach Ansicht des VIII. Senats aber kein geeignetes Abgrenzungskriterium dar. Eine Türnische sei eine Öffnung in einer die Grundfläche eines Raums i.S.v. § 3 Abs. 1 WoFlV begrenzenden Wand, die einen Durchgang durch diese ermöglicht. Damit werde dem geminderten Wohnwert dieser Fläche Rechnung getragen. Die Grundfläche einer solchen Türnische weise aufgrund ihrer baulichen Gestaltung grundsätzlich keinen eigenen Wohnwert auf, weil sie für eine Nutzung zu Wohnzwecken im Regelfall nicht oder allenfalls gemindert zur Verfügung steht. Davon abzugrenzen ist der Wanddurchbruch, der wegen seiner Ausmaße über die Gestaltung einer Türöffnung wesentlich hinausgeht.
Hinweis:
Die 10 %-Grenze ist starr. Kleinste Überschreitungen lösen Gewährleistungsrechte aus, wohingegen selbst bei Abweichungen von 9,99 % keine Minderung eintritt.
3. Verjährung des Rückzahlungsanspruchs
Liegt eine Flächenabweichung von mehr als 10 % vor, sodass eine entsprechende Minderung der Miete eingetreten ist, verjährt der Anspruch des Mieters auf Rückzahlung etwaiger Überzahlungen nach § 195 BGB in der Regelverjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist beginnt gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen. Bei einem Anspruch aus ungerechtfertigter Leistung liegt die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis des Gläubigers vor, wenn er von der Leistung und von den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Eine zutreffende rechtliche Würdigung ist nicht erforderlich.
In der Vergangenheit war strittig, wann beim Mieter diese Kenntnis vorliegt bzw. grob fahrlässig nicht vorliegt. Der Senat hat diese Streitfrage, ob eine hinreichende Tatsachenkenntnis in Bezug auf die tatsächliche Wohnfläche einer Mietwohnung bereits dann gegeben ist, wenn der Mi...