Bundesjustizminister Marco Buschmann hat im April ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des deutschen Schiedsverfahrensrechts vorgelegt. Seine Vorschläge zielen darauf, die Attraktivität Deutschlands als Schiedsstandort im internationalen Wettbewerb weiter zu stärken und das Schiedsverfahrensrecht an die Bedürfnisse der heutigen Zeit anzupassen.
Das deutsche Schiedsverfahrensrecht ist im 10. Buch der ZPO geregelt und wurde zuletzt vor 25 Jahren umfassend reformiert. Mit seiner erneuten Fortentwicklung soll die Materie an die voranschreitende Digitalisierung des Verfahrensrechts angepasst werden, ebenso an verschiedene Entwicklungen in der internationalen und nationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit.
Die schiedsrechtlichen Reformbestrebungen ergänzen das parallele Rechtsetzungsvorhaben des BMJ zu den „Commercial Courts” (Anm. der Red.: vgl. dazu zuletzt Anwaltsmagazin ZAP 2023, 99 sowie Fischer/Michel, ZAP 2023, 435 [in dieser Ausgabe]). Durch beide Vorhaben soll der Streitbeilegungsstandort Deutschland insgesamt gestärkt werden: Er soll noch attraktiver werden für die Austragung von Handelsstreitigkeiten, sowohl vor staatlichen Zivilgerichten als auch vor nicht staatlichen Schiedsgerichten.
Im Wesentlichen enthält das Eckpunktepapier folgende Neuerungen:
Formfreiheit für Schiedsvereinbarungen
Momentan müssen Schiedsvereinbarungen bestimmten Formanforderungen genügen (§ 1031 ZPO). Im Wirtschaftsverkehr soll nun der Abschluss von formfreien Schiedsvereinbarungen ermöglicht werden. Zukünftig werden Schiedsvereinbarungen daher auf jedem denkbaren Wege geschlossen werden können.
Stärkung der Transparenz
In der Handelsschiedsgerichtsbarkeit wird oft um hohe Streitwerte gestritten und um bedeutsame Rechtsfragen gerungen. Vor diesem Hintergrund soll die Entscheidungstransparenz in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit gestärkt und die richterliche Fortentwicklung des Rechts gefördert werden. Hierzu soll die Veröffentlichung von Schiedssprüchen durch das Schiedsgericht gesetzlich gestattet werden, wenn die Parteien mit der Veröffentlichung einverstanden sind.
Stärkung der Digitalisierung des Verfahrensrechts
Mit Blick auf die guten praktischen Erfahrungen in den letzten Jahren soll gesetzlich abgesichert werden, dass mündliche Verhandlungen vor Schiedsgerichten ganz oder teilweise im Wege einer zeitgleichen Bild- und Tonübertragung („Videokonferenz”) durchgeführt werden können. So soll die Digitalisierung des Verfahrensrechts weiter gestärkt werden.
Förderung der englischen Sprache
An ein Schiedsverfahren kann sich ein Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren anschließen, mit dem der Schiedsspruch durch staatliche Gerichte aufgehoben oder für vollstreckbar erklärt wird. Da die englische Sprache in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit von überragender Bedeutung ist, sollen für diese Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren Erleichterungen im Hinblick auf die englische Sprache geschaffen werden: Sowohl der Schiedsspruch als auch andere Schriftstücke aus dem Schiedsverfahren sollen in diesen Verfahrensarten bei Gericht in englischer Sprache vorgelegt werden können. Darüber hinaus sollen in Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren die Commercial Courts in denjenigen Ländern zuständig sein, welche diese besonderen Spruchkörper bei ihren Oberlandesgerichten einführen und diese Verfahren den Commercial Courts zuweisen. Mit dem Einverständnis der Parteien sollen die Verfahren vor den Commercial Courts auch vollständig in englischer Sprache geführt werden können. Staatliche Gerichtsverfahren, die im Zusammenhang mit einem Schiedsverfahren stehen, sollen auf diese Weise effizienter geführt werden können und die Parteien sollen vor unnötigen Kosten für umfangreiche Übersetzungen bewahrt werden.
Bundesjustizminister Buschmann erklärte bei Vorstellung des Eckpunktepapiers: „Das deutsche Recht ist bereits heute schiedsfreundlich, aber Gutes kann immer noch besser werden. Mit unserer Reform werden wir der Digitalisierung Rechnung tragen – sowie den Bedürfnissen nach mehr Transparenz und weniger Formalismus.”
[Quelle: BMJ]