Künftig kommt immer dann eine Bewertung im Sachwertverfahren zur Anwendung, wenn für ein Objekt kein plausibler Vergleichswert, keine plausiblen Vergleichswertfaktoren oder keine Mieten/Pachten zur Verfügung stehen. Folgerichtig schreibt § 182 Abs. 4 BewG das Sachwertverfahren für derartige (üblicherweise nicht vermietbare) Fälle vor, also für

Wohnungseigentum,
Teileigentum sowie
Ein- und Zweifamilienhäuser,
Geschäftsgrundstücke,
gemischt genutzte Grundstücke, sofern keine Vergleichswerte (Kaufpreise/Vergleichsfaktoren) vorliegen/auffindbar sind, sowie für
sonstige bebaute Grundstücke.

Für Mietwohngrundstücke ist das Sachwertverfahren nicht vorgesehen. Besondere Ein- und Zweifamilienhäuser können durch Ein-/Umbau von 2 "Mini"-Wohnungen zum Mietwohngrundstück umgestaltet und so aus dem Sachwertverfahren ausgenommen werden.

aa) Sachwertmethode

Der Sachwert eines Grundstücks ist gem. § 189 BewG in Abhängigkeit von der Gebäudeart durch Addierung des Werts des Grund und Bodens und des Werts der baulichen Anlagen zu errechnen. Bei der steuerlichen Bewertung im Sachwertverfahren sind regelmäßig Außenanlagen und sonstige Anlagen (z. B. Parkplatzbefestigungen, Zäune, Rampen) mit dem Boden- und Gebäudewert abgegolten. Auf die Summe von Boden- und Gebäudewert ist zur Anpassung an den gemeinen Wert eine Wertzahl anzuwenden, d. h. die vorgenannte Summe mit einer Wertzahl zu multiplizieren.

Bodenwert

Der Bodenwert errechnet sich aus der Fläche mal aktuellem Bodenrichtwert.

Gebäudewert

Der Wert der baulichen Anlagen und der sonstigen Anlagen (natürlich ohne Betriebsvorrichtungen) ist aufgrund durchschnittlicher Herstellungskosten, der sog. Regelherstellungskosten gem. § 190 Abs. 1 BewG je Flächeneinheit, zu errechnen. Die Flächeneinheit bezieht sich auf die "Brutto-Grundfläche". Diese hat der Steuerpflichtige nach DIN 277-2:2005-2 Tabelle 1 Nr. 1 bis Nr. 9 selbst zu ermitteln. Möglicherweise ergibt sie sich aus der Bauakte, ansonsten muss sie für Bewertungszwecke errechnet werden. Die Regelherstellungskosten werden in Anlage 24 zum BewG vorgegeben. Von dem Gebäuderegelherstellungswert ist noch eine lineare Alterswertminderung – bezogen auf die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer lt. Anlage 22 zum BewG – abzuziehen, z. B. bei einem Lagergebäude mit einer Nutzungsdauer von 50 Jahre pro Jahr 2 %. Die Restnutzungsdauer kann bei (konstruktiven) Veränderungen, die zu einer Verlängerung oder Verkürzung des Gebäudealters geführt haben, ebenfalls verändert sein. Der nach Abzug der Alterswertminderung verbleibende Gebäudewert ist regelmäßig mit mindestens 40 % des Gebäudenormalherstellungswerts anzusetzen. Aufgrund der typisierenden Mindestrestwertregelung erübrigt sich vielfach ein Streit über die Verlängerung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer.

 
Praxis-Beispiel

Lagerhaus (Warmlager) Baujahr 1975, mittlere Ausstattungsgüte 970 EUR/m2, Bruttogrundfläche 1.000 m2, ergibt 970.000 EUR abzgl. 23 x 2 % = 523.800 EUR (mindestens 40 % = 388.000 EUR, hier nicht unterschritten) Gebäudesachwert.

Im Vergleich zum bisherigen Recht führt die Anwendung der Regelherstellungskosten anstelle der bisher heranzuziehenden ertragsteuerlichen Werte immer dann zu höheren Werten, wenn die Bauwerke ertragsteuerlich schon erheblich abgeschrieben waren. Bei besonders gestalteten und ausgestatteten Wohnhäusern (EFH, ZFH – Villen) mit entsprechend größeren Grundstücksumgriff ist mit deutlich höheren Steuerwerten als nach bisherigem Recht zu rechnen. Bei hohem Ertrag kann das Ertragswertverfahren bei wenig qualitätsvollen Bauwerken zu einem über dem Sachwert liegenden Wert führen. ME kann aber mit dem niedrigeren steuerlichen Sachwert nicht der niedrigere Verkehrswert iSd § 198 BewG nachgewiesen werden.

bb) Anpassung an den gemeinen Wert mit einer Wertzahl

Nach der Addierung von Bodenwert und Gebäudesachwert ist diese Summe (vorläufiger Sachwert) durch eine sog. Wertzahl an die Marktlage anzupassen. Als Wertzahlen sollen vorrangig die von den Gutachterausschüssen abgeleiteten Sachwertfaktoren angewendet werden. Hilfsweise werden in Anlage 25 zum BewG Wertzahlen vorgegeben. Der so angepasste Sachwert ist dann durch die Bewertungsstelle festzustellen.

cc) Öffnungsklausel = Ansatz eines niedrigeren individuellen Verkehrswerts

Ob und inwieweit dieser Steuerwert dem Verkehrswert entspricht, ist durch den Steuerpflichtigen bzw. seinen Berater sorgfältig zu überprüfen. Denn wenn der Steuerwert den Verkehrswert übersteigt, kann bei entsprechendem Nachweis (Bausachverständigengutachten, zeitnahe Verkäufe) der Ansatz des niedrigeren Verkehrswerts erreicht werden (§ 198 BewG).

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