Die Berufung hat Erfolg. (...)

Entgegen der Auffassung des Landgerichts übersteigt der Streitwert den gemäß den §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG für dessen Zuständigkeit erforderlichen Mindestbetrag, weil sich das von der Klägerin verfolgte Interesse auf mehr als 5.000 EUR beläuft. Von daher ist gleichzeitig die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderliche Beschwer (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) erreicht (BGHR ZPO § 546 Abs. 1 Beschwer 3).

Die Klägerin fordert die Mitwirkung des Beklagten an der entgeltlichen Veräußerung eines ererbten Grundstücks ein. Auf diese Weise erstrebt sie die finanzielle Teilhabe an einem Nachlassgegenstand, dessen reale Teilung unter den Miterben nicht in Betracht kommt. Dabei verlangt sie letztlich ihre Erbquote. Auf den gesamten Veräußerungserlös des Grundstücks erhebt sie keinen Anspruch. Umgekehrt beschränkt sie sich freilich auch nicht darauf, den auf den Beklagten entfallenden Anteil zu reklamieren. Das bedeutet, dass sich der Streitwert weder aus dem vollen Grundstückswert ableitet (dahin jedoch noch BGH MDR 1962, 390; ähnlich auch BGH NJW 1972, 909, 910 und OLG Karlsruhe JurBüro 1992, 418) noch von dem Interesse abhängt, das der Rechtsverteidigung des Beklagten zugrunde liegt (so indessen KG Rpfl. 1962, 156; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rn 3858), sondern mit einem Betrag in Höhe der Hälfte des Grundstückspreises zu bemessen ist, wie er der Klägerin als Miterbin zugute kommt (BGH NJW 1975, 1415, 1416; ebenso Senat, JurBüro 1991, 103; Anders/Gehle, Handbuch des Streitwerts, 2. Aufl., Erbrechtliche Streitigkeiten Rn 4, Herget in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 3 Rn 16 Erbrechtliche Ansprüche; Mümmler JurBüro 1994, 364; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 2 Rn 21).

Das Verlangen der Klägerin dringt auch in der Sache durch. Die Erbengemeinschaft hat in ihrer Gesamtheit einen Anspruch darauf, dass der Beklagte dem notariellen Vertragsschluss vom 23. Oktober 2008 zustimmt und so die darin vorgesehene Grundstücksveräußerung ermöglicht, die gemäß § 2040 BGB nicht ohne sein Einverständnis vorgenommen werden kann. Diesen Anspruch darf die Klägerin nach § 2039 BGB im eigenen Namen geltend machen.

Er ergibt sich aus § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil das streitige Grundstücksgeschäft eine Verwaltungsmaßnahme im Sinne der Vorschrift ist, die – wie die unmittelbare Beteiligung von drei Miterben am notariellen Vertragsschluss und dessen Genehmigung durch zwei weitere Miterben zeigen – aufgrund einer mehrheitlichen Entscheidung durchgeführt werden soll. Es ist anerkannt, dass sich die Verwaltung eines Nachlasses nicht in dessen Sicherung, Erhaltung und Nutzung erschöpft, sondern auch die Veräußerung von Nachlassgegenständen erfasst (BGH NJW 2006, 439, 440; Gergen in MüKo, BGB, 5. Aufl., § 2038 Rn 16). Allerdings folgt daraus nicht, dass kraft Mehrheitsbeschluss jedwede Verfügung zulässig wäre. Veräußerungen, die eine "wesentliche Veränderung" nach sich ziehen, sind gegen den Willen einzelner Miterben nicht möglich (§§ 2038 Abs. 2 Satz 1, 745 Abs. 3 Satz 1 BGB). Zudem ist die Mehrheitsmeinung nur dann verbindlich, wenn es um die "ordnungsgemäße" Verwaltung des Nachlasses geht (§ 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB). Indessen ergeben sich dieserhalb für den vorliegenden Fall keine Hindernisse.

Eine wesentliche Veränderung gemäß den §§ 2038 Abs. 2 Satz 1, 745 Abs. 3 Satz 1 BGB setzt voraus, dass die Zweckbestimmung oder Gestalt des Nachlasses als Ganzes (BGHZ 140, 63, 66 f) in einschneidender Weise geändert würde (BGHZ 101, 24, 28). Dafür spielt es nur eine untergeordnete Rolle, ob die Zusammensetzung des Nachlasses umgestaltet werden soll. Bedeutsam ist vielmehr, ob der Substanzwert gemindert würde, weil der Gesetzeszweck dahin geht, wirtschaftliche Einbußen bis zur Teilung des Nachlasses zu vermeiden (BGH NJW 2006, 439, 441).

Eine solche Gefahr ist hier jedoch weder behauptet noch sonst ersichtlich. Es gibt keinen Anhalt dafür, dass der an die Erbengemeinschaft zu zahlende Verkaufserlös, der an die Stelle der Immobilie tritt (§ 2041 Satz 1 BGB), kein marktgerechtes Entgelt darstellen würde. Überdies prägt das streitige Grundstück – auch wenn sein Wert verglichen mit den anderen ererbten Gegenständen hoch ist – den Nachlass nicht essenziell. Es ist nicht bebaut und wird augenscheinlich nicht weiter genutzt. Daneben gibt es ein zweites unbebautes Grundstück, das es sogar noch größer ist.

Über den Umstand hinaus, dass die Grundstücksveräußerung nicht in das Wesen des Nachlasses eingreift, stellt sie sich auch als Akt einer "ordnungsgemäßen" Verwaltung dar. Insoweit bedarf es einer objektiven Sicht. Entscheidend ist der Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers (BGH NJW 2006, 439, 441). Von dessen Warte aus fällt ins Gewicht:

Für das Grundstück gibt es aufgrund der Lage und des Zuschnitts keinen anderen Kaufinteressenten als die Kirchengemeinde. Eine Eigennutzung wird nicht erwogen. Die bloße Hoffnung des Beklagten darauf, von dritter Seite einen höheren Kaufpreis zu erlangen, h...

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