Leitsatz
Im Erbschein ist der Berufungsgrund grundsätzlich auch dann nicht anzugeben, wenn dies beantragt ist.
BGH, Beschl. v. 8.9.2021 – IV ZB 17/20
1 Tatbestand
I.
Die Beteiligten sind die Söhne der Erblasserin; ein weiterer Sohn verstarb 2013 kinderlos.
Mit notariellem gemeinschaftlichen Testament vom 20.10.1982 hatten sich die Erblasserin und ihr Ehemann, der 1984 verstarb, gegenseitig als Alleinerben sowie die Beteiligten als Erben zu gleichen Teilen nach dem Überlebenden eingesetzt. Sie hatten außerdem angeordnet, dass der Überlebende über das ererbte und sein eigenes Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen frei verfügen könne.
Die Erblasserin errichtete am 17.12.2015 ein weiteres notarielles Testament. Danach sollte es grundsätzlich bei der hälftigen Erbeinsetzung der Beteiligten gemäß dem Testament vom 20.10.1982 verbleiben, wobei detaillierte Regelungen zur Erbauseinandersetzung, insbesondere im Hinblick auf das vom Beteiligten zu 2 bewohnte Hausgrundstück, erfolgten. Nach dem Tod der Erblasserin wurden 2018 beide Testamente eröffnet.
Der Beteiligte zu 1 hat gestützt auf das Testament vom 20.10.1982 die Erteilung eines Erbscheins mit dem Inhalt beantragt, dass er und der Beteiligte zu 2 aufgrund gewillkürter Erbfolge Erben zu je ½ seien. Er hat behauptet, die Erblasserin sei am 17.12.2015 nicht testierfähig gewesen.
Das Nachlassgericht hat die für die Erteilung des Erbscheins zugunsten der Beteiligten als Erben zu je ½ erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet, ohne in seinem Beschluss festzustellen, auf welchem Testament die Erbfolge beruht. Dagegen hat der Beteiligte zu 1 Beschwerde mit dem Antrag erhoben zu beschließen, dass der Erbschein aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments vom 20.10.1982 erteilt werde. Daraufhin hat das Nachlassgericht den Beschluss dahingehend ergänzt, dass im Erbschein der Eintritt der Erbfolge "aufgrund testamentarischer Verfügung" festzustellen sei. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1, mit der er seinen Erbscheinsantrag in der Fassung der Beschwerde weiterverfolgt.
2 Gründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung unter anderem in ErbR 2020, 571 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, das Nachlassgericht habe zu Recht offengelassen, ob es die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen aufgrund des Testaments vom 20.10.1982 oder aufgrund des Testaments vom 17.12.2015 für festgestellt erachte, weil nach beiden Testamenten die Beteiligten zu ½ Erben geworden seien. Eine Bindung des Nachlassgerichts an ein bestimmtes Testament enthalte die gesetzliche Regelung des § 352 FamFG nicht. Dem Beteiligten zu 1 gehe es um die Klärung der Frage, ob die Teilungsanordnung im Testament 2015 wirksam sei. Dieses auf die Auseinandersetzung der Miterben zielende Rechtsschutzziel sei aber kein tauglicher Gegenstand des Erbscheinsverfahrens. Der Argumentation des Beteiligten zu 1, er könne die Beseitigung der aus seiner Sicht aufgrund des Testaments vom 17.12.2015 unrichtig vorgenommenen Grundbucheintragungen hinsichtlich des Nachlassgrundstücks nur mit der begehrten Angabe im Beschluss des Nachlassgerichts zum genauen Berufungsgrund erreichen, könne nicht gefolgt werden. Denn aus dem Erbschein als solchem gehe auch dann nicht hervor, auf welcher Verfügung er beruhe.
2. Das hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
a) Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass aus einem Erbschein nicht hervorgeht, auf welcher letztwilligen Verfügung er beruht; der Beteiligte zu 1 kann daher einen Erbschein mit dem Inhalt, den er mit der Rechtsbeschwerde erstrebt, nicht erlangen. Im Erbschein ist der Berufungsgrund auch dann grundsätzlich nicht anzugeben, wenn dies beantragt wird.
Gemäß § 2353 BGB ist dem Erben auf seinen Antrag hin ein Zeugnis über sein Erbrecht, d.h. darüber, dass der im Erbschein so Bezeichnete Erbe ist, und (gegebenenfalls) über die Größe des Erbteils zu erteilen; außerdem sind Anordnungen zu nennen, die den Erben beschränken, vgl. § 2365 BGB. Eine Angabe des Berufungsgrundes sieht der Gesetzeswortlaut dagegen nicht vor. Er ist daher grundsätzlich nicht in den Erbschein aufzunehmen (vgl. Staudinger/Herzog, BGB (2016) § 2353 Rn 426; Soergel/Jaspert, BGB 14. Aufl. § 2353 Rn 29; BeckOK BGB/Siegmann/Höger, § 2353 Rn 14 [Stand: 1.5.2021]; Kroiß/Ann/Mayer/Kroiß, BGB 5. Aufl. § 2353 Rn 5; MüKo-BGB/Grziwotz, 8. Aufl. § 2353 Rn 46; BayObLGZ 1973, 28 unter II 2 b; Firsching/Graf/Krätzschel, Nachlassrecht 11. Aufl. § 38 Rn 115). Nur ausnahmsweise kann er anzugeben sein, etwa wenn dies bei mehrfachem Berufungsgrund (§§ 1951, 2088 BGB) zur Bezeichnung des Umfanges des Erbrechts notwendig ist (vgl. OLG Frankfurt am Main Rpfleger 1978, 17 [juris Rn 6]; Staudinger/Herzog, BGB (2016) § 2353 Rn 428; MüKo-BGB/Grziwotz, 8. Aufl. § 2353 Rn 26; Firsching/Graf/Krätzschel, Nachlassrecht 11. Aufl. § 38 Rn 116).
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