Die soeben dargestellten Erkenntnisse (III.) in Bezug auf Krypto-Assets führen dazu, dass sich für den Notar bei der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses neue ergänzende Pflichten ergeben. Welche neuen Pflichten dies sind und wie der Notar am besten bezüglich Krypto-Assets im Nachlass umgehen sollte, soll dieser Abschnitt abbilden.
1. Was muss der Notar abfragen?
Für den Notar ergibt sich bei der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses aufgrund der Möglichkeit von Krypto-Assets im Nachlass eine veränderte Abfragesituation. Diese neue Abfragesituation kann der Notar aber nur vollständig abdecken, wenn ihm überhaupt bewusst ist, dass die Möglichkeit von Krypto-Assets im Nachlass besteht. Wie bereits geschildert sind Krypto-Assets im Nachlass aber bisher die Ausnahme und nicht die Regel, wobei sich diese Situation in Zukunft ändern wird. Gerade diesbezüglich möchte dieser Aufsatz Aufklärungsarbeit leisten, denn nur, wenn dem Notar vor Augen geführt wird, was es für Fallstricke bezüglich Krypto-Assets im Nachlass gibt, kann dieser dementsprechend reagieren und seine Ermittlungspflicht erfüllen. Das man dennoch nicht immer zu einer kompletten Aufklärung bezüglich Krypto-Assets im Nachlass kommen kann und wird, wird im Folgenden noch näher dargestellt. In diesem Zusammenhang muss auch beachtet werden, dass der Notar kein Blockchain-Spezialist sein kann und dementsprechend nur eine eingeschränkte Kenntnis über die Blockchain und ihre Möglichkeiten erwartet werden kann.
Im Grunde muss der Notar zur Erfüllung seiner Pflicht nur wissen, welche unterschiedlichen Formen von Krypto-Assets im Nachlass vorhanden sein könnten und wie er sich diesbezüglich Zugang verschaffen kann. Wie oben bereits dargestellt, kommen als Krypto-Assets im Nachlass Kryptowährungen, NFTs und investment oder utility token in Betracht. Die Grundsätze, welche der Notar zu den einzelnen Assets kennen muss, wurden bereits in Teil III dieses Aufsatzes erläutert. Im Folgenden soll noch dargestellt werden, wann der Notar Abfragen zu Krypto-Assets vornehmen, wo genau er seine Abfrage durchführen muss, welchen Stichtag er dabei zugrunde legen sollte und wie er seine Ergebnisse dokumentieren kann.
2. Wann muss der Notar abfragen?
Momentan kann davon ausgegangen werden, dass der Notar für die Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses nur bezüglich des Vorhandenseins von Krypto-Assets nachfragen bzw. ermitteln muss, wenn ein bestimmter Verdacht bzw. Indizien für das Vorhandensein von Krypto-Assets im Nachlass vorliegen. Allerdings könnte sich dieser Umstand in Zukunft wandeln. Wenn Krypto-Assets weiterhin vermehrt ihren Einsatz in der breiten Gesellschaft finden, wird es im Laufe der Zeit absehbar, dass sich irgendwann auch standardmäßig Krypto-Assets im Nachlass befinden werden. Wann genau ein Umschwung von einer situationsabhängigen zu einer generellen Abfragepflicht vollzogen sein wird, ist allerdings noch nicht absehbar. Auf der sicheren Seite befindet der Notar sich damit aber, wenn er bereits jetzt Fragen zum Vorhandensein von Krypto-Assets im Nachlass in sein Frageportfolio mit aufnimmt. Die Frage nach dem Vorhandensein von Krypto-Assets bei den Erben kann zumindest bereits zurzeit nicht schädlich sein. Allerdings kann sie zu einem Mehraufwand für den Notar führen, falls sich aus den Angaben der Erben oder anderweitigen Indizien Anzeichen für Krypto-Assets im Nachlass ergeben. Stellt sich im Nachgang aber heraus, dass der Notar nicht nach Krypto-Assets gefragt hat, aber im Nachlass Krypto-Assets vorhanden waren, ist er seiner Pflicht zur Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses nicht ausreichend nachgekommen.
Indizien für das Vorhandensein von Krypto-Assets im Nachlass können sich unter anderem aus Umsätzen aus Kontoauszügen ergeben oder auch beim Auffinden von Finanzanwendungen auf dem Handy oder anderen technischen Geräten.
3. Wo fragt der Notar ab?
Die wichtigste Frage für den Notar in Bezug auf Krypto-Assets im Nachlass stellt sich im Hinblick darauf, wo genau der Notar das Vorhandensein von Krypto-Assets abfragen kann. Je nachdem wie tief der Notar bei seiner Suche einsteigen will oder kann, sollte er versuchen, die ursprüngliche Transaktion zu suchen. Dies ist über die Auswertung der Bankkonten des Erblassers möglich und ein erster Einstieg. Um Krypto zu kaufen, gehen die meisten Käufer den Weg über eine Börse. Die Transaktion zu der Börse sollte also in den Kontoauszügen zu finden sein. Ein Kauf von Krypto über Kreditkarte ist theoretisch möglich, wird aber von den meisten Kreditkarten geblockt. Andere Suchorte nach einschlägiger Software – primär Cryptowallet Extensions – könnten der Computer, der Browserverlauf und sogar das Smartphone sein.
Dabei muss der Notar herausfinden, wo sich der private key für den Zugang zu den Krypto-Assets bzw. dem Wallet (siehe dazu oben bei III.) befindet. Da der private key und das möglicherweise dazugehörige Wallet somit der Ausgangspunkt des erbrechtlichen Übergangs sind, kommt es darauf an, in welcher Form diese zum Zeitpunkt des Erbfalls gesichert sind.