Prof. Dr. Dr. Thomas Gergen
Die Rechtsnachfolge beschränkt sich nicht auf den unmittelbaren Erwerb der Rechte vom Urheber, sondern sie findet bei jedem weiteren Erbgang oder jeder weiteren Verfügung von Todes wegen erneut statt. Wer allerdings bloß einen Nutzungsberechtigten beerbt, wird kein Rechtsnachfolger iSv § 30 UrhG, sondern ist ebenfalls nur Nutzungsberechtigter. Der Rechtsnachfolger rückt also grundsätzlich in dieselbe Rechtsposition ein, die sein Vorgänger innehatte. Der Rechtsnachfolger kann Dritten Nutzungsrechte einräumen und das Werk nach seinen Vorstellungen vermarkten, auch wenn sie mit den Vorstellungen des Urhebers nicht übereinstimmen sollten. Der Rechtsnachfolger kann nach weitverbreiteter Überzeugung das Werk bearbeiten oder sogar entstellen, das Pseudonym lüften oder ein anonymes Werk benennen.
Eine andere Auffassung vertritt indessen, dass das postmortale Urheberpersönlichkeitsrecht zwar ein eigenes Recht des Erben sei, das jedoch im fremden Interesse liege und als solches ausgeübt werden müsse. Bei der Ausübung des Urheberpersönlichkeitsrechts sei der Erbe an die ideellen Interessen des Urhebers gebunden. Aus diesem Grund dürfe ein Pseudonym des Urhebers nach dessen Tode nicht aufgedeckt und dürften nur erforderliche Änderungen an dem Werk vorgenommen werden. Dagegen spricht jedoch, was Clément selbst einräumt, dass es an einer geeigneten Person oder Stelle fehlt, die gegen den Rechtsnachfolger, der sich hieran nicht hält, vorgehen soll; es bedürfte einer Kontrollinstanz.
Weil das Urheberrecht in der Gestalt auf die Erben übergeht, in der es sich beim Urheber bei dessen Tod befand, werden das Schicksal seiner Werke und die Rechtsstellung seiner Erben bereits durch die Urheberrechtsverträge beeinflusst, die der Urheber zu Lebzeiten abgeschlossen hat. Die Erben sind an diese gebunden. Dies gilt für die Einräumung von Nutzungsrechten während der Vertragsdauer wie für die Übertragung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse, soweit diese im Rahmen des Zulässigen erfolgt ist. Gleichermaßen sind die Erben an die Vereinbarungen gebunden, mit denen der Urheber künftige, hinreichend konkretisierte Eingriffe in sein Urheberpersönlichkeitsrecht gestattet hat, die seine ideellen Interessen nicht schwerwiegend beeinträchtigen.
Der Urheber kann mit Hilfe der erbrechtlichen Auflage (§§ 1940, 2192 BGB) nach seinem Willen Anordnungen darüber treffen, wie seine Rechtsnachfolger mit dem Werk umzugehen haben. Da eine Auflage nur dann durchgesetzt werden kann, wenn ein Vollziehungsberechtigter hierzu bereit ist, empfiehlt sich für den Urheber, will er die Beachtung seiner Anordnungen zuverlässig sichern, einen Testamentsvollstrecker zu benennen oder mit seinen Rechten eine Stiftung von Todes wegen zu errichten. Dies hat den Vorteil, dass Testamentsvollstreckung wie Stiftung von Todes wegen beide unter staatlicher Aufsicht stehen. Die zuständige Behörde hat neben Beanstandungsrechten auch die Befugnis, gebotene Verwaltungsmaßnahmen durchzusetzen. Die Stiftung kann dabei als Allein-, Mit-, Nach-, Vor- oder Ersatzerbin eingesetzt werden. Wie der Fiskus (§ 1942 Abs. 2 BGB) hat auch eine Stiftung, deren Errichtung der Urheber von Todes wegen angeordnet hat, kein Ausschlagungsrecht, sobald die zuständige Behörde die erforderliche Genehmigung (§ 80 BGB) erteilt hat. Ausschlagung bedeutet, dass der Erbanfall mit Rückwirkung auf den Erbfall wieder beseitigt wird (§§ 1942 Abs. 1, 1953 Abs. 1 BGB).
Strittig und klärungsbedürftig ist die Bindung der Erben an die Urheberinteressen. Es gibt sicherlich Argumente für die Einengung des Freiraums der Erben, die damit den Zweck eines postmortalen Persönlichkeitsschutzes stärken. Bei einem urheberrechtlich geschützten Werk handelt es sich ebenso wie etwa wie bei einem Tagebuch um eine Emanation der Persönlichkeit seines Schöpfers. Auch im Urheberrecht müsse daher dieser Zweck Beachtung finden. Der Urheber müsse die rechtlich begründete Hoffnung haben können, dass sein Werk nach seinem Tode weder verstümmelt noch entstellt noch auf andere Weise beeinträchtigt werden dürfe. Das sei aber nicht zu erreichen, wenn man den Erben freie Hand im Umgang mit dem Werk gebe. Die Interessen des Urhebers müssten darum für die Ausübung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse auch nach seinem Tode maßgeblich bleiben. Das postmortale Urheberpersönlichkeitsrecht sei ein eigenes Recht der Erben im fremden Interesse. Bei jeder Ausübung des Urheberpersönlichkeitsrechts – so von Gamm – komme es zu einer Interessenabwägung, bei der nur die Interessen des verstorbenen Urhebers infrage stünden. Auf eigene Interessen der Erben komme es nicht an. Das Urheberpersönlichkeitsrecht erhalte dadurch in der Hand des Erben den Charakter einer Wahrnehmungsbefugnis und Wahrnehmungsverpflichtung. Zusätzlich stützt man sich auf den Pietätsgedanken, der den postmortalen Schutz des Andenkens an den Urheber gebiete. Ferner weise § 14 UrhG auf "s e i n e berechtigten geistigen und persönlichen Interess...