II.
Auf die zulässige Berufung der Beklagten ist das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, weil dem Kläger der von ihm verfolgte Ausgleichsanspruch nicht (mehr) zusteht, denn die Beklagte ist nicht (mehr) Miterbin.
1. Der vom Kläger verfolgte Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass beide Parteien Gesamtschuldner hinsichtlich der hier in Rede stehenden Darlehensschuld gegenüber der X-Bank sind. Dieses Gesamtschuldverhältnis folgt aus § 2058 BGB, wenn beide Parteien Miterben sind und es sich um eine gemeinschaftliche Nachlassverbindlichkeit handelt. Nach Ziff. I des Testaments der Erblasserin vom 21.4.2015 waren beide Parteien zu gleichen Teilen zu Miterben eingesetzt worden, sie waren damit gemeinschaftliche Miterben i.S.v. § 2032 BGB. Die Darlehensschuld stellt eine vom Erblasser herrührende Verbindlichkeit i.S.v. 1967 Abs. 2 BGB dar, so dass beide Erben hierfür gem. § 1967 Abs. 1 BGB haften. Danach bestand grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch des Klägers gegen die Beklagte.
Hinsichtlich des Umfangs der Ausgleichspflicht bestimmt § 426 Abs. 1 BGB einen Ausgleich zu gleichen Teilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung liegt nicht in der testamentarischen Regelung ("zu gleichen Teilen"), denn diese führt ebenfalls zum hälftigen beiderseitigen Ausgleich. Soweit die Beklagte darüber hinaus geltend macht, der Kläger müsse diese Verbindlichkeit allein tragen, ist sie hierfür darlegungs- und beweispflichtig (Palandt/Grüneberg,79. Aufl., § 426 Rn 8).
Die Beklagte sieht in der Regelung des Vorausvermächtnisses i.V.m. der Norm des § 2166 BGB eine anderweitige Bestimmung. Nach der Regelung des Vorausvermächtnisses soll der Vermächtnisnehmer die "darauf (auf dem Grundstück A-straße) ruhenden Belastungen" übernehmen. Mit "Darauf ruhend" sind ersichtlich die auf dem Grundbesitz lastenden Grundpfandrechte gemeint, was zwischen den Parteien auch nicht im Streit steht. Hinsichtlich einer an einem Grundstück bestellten Hypothek regelt § 2166 BGB, dass der Vermächtnisnehmer, dem ein mit einer Hypothek belastetes Grundstück vermacht wurde, "im Zweifel dem Erben gegenüber zur rechtzeitigen Befriedigung des Gläubigers verpflichtet ist". Damit haftet der Vermächtnisnehmer in einem solchen Fall auch für die durch die Hypothek gesicherte persönliche Schuld. Gem. § 1192 Abs. 1 BGB gilt § 2166 BGB auch für Grundschulden, sofern sich nicht etwas anderes aus dem Umstand ergibt, dass die Grundschuld eben keine akzessorische Forderung voraussetzt. Nach allgemein vertretener Ansicht haftet der Vermächtnisnehmer im Fall eines vermachten, mit einer Grundschuld belasteten Grundstücks auch für die damit gesicherte persönliche Forderung, sofern es sich um einen typischen Realkredit (Sicherungsgrundschuld) und um die Sicherung einer einzigen, in ihrer Natur und Höhe nach von vorneherein grundsätzlich festliegenden Forderung handelt, weil in diesem Fall eine der hypothekarischen Sicherung ähnliche Situation besteht (vgl. BGH, Urt. v. 22.5.1963 – V ZR 112/61, NJW 1963, S. 1612, MüKoBGB/Rudy, BGB § 2166 Rn 5). Vorliegend handelt es sich bei der hier in Rede stehenden Darlehensschuld um eine typische Sicherungsgrundschuld, die das von der Erblasserin aufgenommene Darlehen sichern sollte. Allerdings weist der vorliegende Fall insoweit eine Besonderheit auf, als die Darlehensvaluta nicht für den Erwerb oder andere, auf das Grundstück "A-straße" bezogene Zwecke verwendet wurde, sondern zum Erwerb des Grundstücks in der W -Straße. Nach einer durchaus verbreiteten Auffassung soll § 2166 BGB dann nicht auf die mit einer Grundschuld gesicherte Forderung angewendet werden, wenn die abgesicherte Forderung weder in Bezug zum Grundstück steht noch diesem zugutekommt (vgl. Palandt/Weidlich, § 2166 Rn 3 m.w.N.; BeckOGK/Schellenberger, 1.8.2020, BGB § 2166 Rn 29 m.w.N.; a.A. MüKoBGB/Rudy, 8. Aufl. 2020, BGB § 2166 Rn 3). Abgeleitet wird diese Auffassung aus § 2166 Abs. 3 BGB, wonach die Regelung des Abs. 1 nicht im Falle einer Höchstbetragshypothek anwendbar ist und es einer der Rechtslage bei der Hypothek ähnlichen Verknüpfung zwischen Forderung und Grundbesitz fehlt. Letzteres ist aber im vorliegenden Fall zu bejahen, denn anders als bei einer Höchstbetragshypothek oder einer Forderung, die in ihrem Bestand einem stetigen Wechsel unterworfen ist, wird lediglich eine einzelne, in ihrem Bestand feststehende Forderung gesichert. Zudem wäre es der Erblasserin auch im Falle einer hypothekarischen Sicherung des aufgenommenen Darlehens möglich gewesen, dieses zum Erwerb des Grundstücks W -Str. zu verwenden. Die Wahl der dinglichen Sicherung steht also hier in keinem Zusammenhang mit der Verwendung des Darlehens, so dass es einer entsprechenden Anwendung von § 2166 Abs. 3 BGB nicht bedarf.
Allerdings greift die in § 2166 BGB normierte Zweifelsregel vorliegend nicht ein, weil ein entgegenstehender Wille der Erblasserin erwiesen ist (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 6.12.2007 – 10 U 37/07, BeckRS 2009, 87887, sub II.1. b...