Der vorliegende Beitrag hat ein Beispielszenario vor Augen, nach welchem ein in Deutschland ansässiger Stifter, etwa zum Zwecke der Asset Protection oder zur sachgerechten Gestaltung einer Unternehmensnachfolge, grenzüberschreitend eine privatnützige Familienstiftung im Fürstentum Liechtenstein mit einem Erstwidmungsbetrag von 12.000.000 EUR errichten möchte. Der Stifter ist bereit, durch den Widmungsakt die Verfügungsmacht über das Stiftungsvermögen endgültig an die Stiftungsorgane zu übergeben und den steuerrechtlich geforderten "Entreicherungsnachweis" des §15 Abs. 6 Nr. 1 AStG durch Vorlage aller relevanten Stiftungsdokumente sachgerecht zu führen.
In Liechtenstein zivilrechtlich grundsätzlich denkbare Widerrufsvorbehalte oder "starke" Änderungsvorbehalte des Stifters gem. Art. 552 § 30 PGR sollen vorliegend nicht bestehen. Auch bestehen keine sog. "Mandatsverträge" oder andere Rechtsinstitute, die zivilrechtlich geeignet wären, die Stiftungsorgane an Entscheidungen des Stifters zu binden. Der Ort der Geschäftsleitung der geplanten Stiftung liege ausschließlich in Liechtenstein; die Stiftung wird annahmegemäß dem normalen Besteuerungsregime für juristische Personen unterworfen.
Es handele sich vorliegend um ein originäres Stiftungsgeschäft auf den Tod iSd § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStG oder unter Lebenden iSd § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 ErbStG und nicht um eine spätere Zuwidmung. Begünstigte der liechtensteinischischen Stiftung seien nach den Satzungsbestimmungen ausschließlich der Stifter, seine Ehefrau sowie die mit dem Stifter in gerader absteigender Linie verwandten Abkömmlinge im Rahmen der Generationennachfolge. Die "entferntesten" Begünstigten im Verhältnis zum Stifter seien somit nach der Stiftungssatzung die eigenen Abkömmlinge. Es sei ferner aufgrund der Satzungsbestimmungen sichergestellt, dass die Stiftung die genannten Begünstigten fördert und unterstützt und damit wesentlich im Interesse der Familie des Stifters errichtet wird.
Eine Anzeigepflicht des Erwerbs trifft in einem solchen Szenario gem. § 30 Abs. 1 ErbStG die liechtensteinische Stiftung als Erwerberin. Für diese lässt sich keine örtliche Zuständigkeit im Bundesgebiet gem. § 35 Abs. 1 oder 2 ErbStG ermitteln, da sie weder Geschäftsleitung (§ 20 Abs. 1 AO), noch Sitz (§ 20 Abs. 2 AO), noch Vermögen (§ 20 Abs. 3 AO) noch Tätigkeit (§ 20 Abs. 4 AO) im Inland hat. Da vorliegend gem. § 20 Abs. 1 ErbStG nicht nur die Auslandsstiftung, sondern "auch" der Stifter Steuerschuldner ist, bietet es sich an, die Anzeige an das Wohnsitzfinanzamt des Stifters zu richten und damit auch der subsidiär geltenden Anzeigepflicht des Stifters iSd § 30 Abs. 2 ErbStG nachzukommen.
Der Stifter ist zum Zeitpunkt des Widmungsgeschäfts Inländer iSd § 2 Abs. 1 S. 2 lit. a ErbStG. Der Übergang von Vermögen, hier des Erstwidmungsbetrages, aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden gilt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG als Schenkung unter Lebenden, welche gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG der Schenkungsteuer unterliegt. Dies gilt inbesondere, weil die Stiftung nach dem Sachverhalt über das gestiftete Vermögen rechtlich und tatsächlich frei verfügen kann.
Die Auslandsstiftung ist vorliegend wesentlich im Interesse der Familie des Stifters errichtet (§ 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG iVm R E 1.2 Abs. 1, 2 ErbStR 2011). Gem. § 15 Abs. 2 ErbStG ist deswegen bei der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Stifter zugrunde zu legen. Die Ehegattin und die Abkömmlinge des Stifters fallen gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und 3 ErbStG unter die Schenkungsteuerklasse I. Sind die entferntest verwandten lebenden Begünstigten die Enkelkinder des Stifters, so ist gem. R E 15.2 Abs. 2 ErbStR 2011 auch vorliegend beim Errichtungsvorgang einer Familienstiftung der entsprechende Freibetrag, hier gem. § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ein Freibetrag von 200.000 EUR, massgebend.
Der steuerpflichtige Erwerb der Stiftung beträgt somit 11.800.000 EUR; die festzusetzende Schenkungsteuer beträgt gem. § 19 Abs. 1 ErbStG 23 % des Wertes des Erwerbs. Da der Härteausgleich gem. § 19 Abs. 3 ErbStG nicht zur Anwendung gelangt, beträgt die Schenkungsteuer also 2.714.000 EUR.
Der in der nationalen Vorschrift des § 15 Abs. 2 S. 1, 2 HS ErbStG enthaltene Vorbehalt der Errichtung der Familienstiftung "im Inland" würde, wäre er anwendbar, zu einer deutlich höheren Erbschaftsteuerzahllast führen, weil in diesem Fall weder die Erbschaftsteuerklasse I noch der genannte Freibetrag zur Anwendung käme. Unter Anwendung der – de lege lata vorgesehenen – Steuerklasse III käme man nach Gewährung des geringeren Freibetrags von 20.000 EUR zu einer mehr als doppelt so hohen Schenkungsteuer wie im Inlandsfall, nämlich zu einer Schenkungsteuer von 5.990.000 EUR ([12.000.000-20.000]*50 %).
Der genannte Vorbehalt der nationalen Steuervorschrift ist allerdings, wie nachfolgend gezeigt wird, vorliegend für die Besteuerung unbeachtlich, da dieser – erstens – von einem Staatsvertrag, dem DBA D-FL, ...