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Infolge eines gegen Deutschland angestrengten Vertragsverletzungsverfahrens der EU Kommission wurde mit dem StÄndG 2015 die erbschaftsteuerliche Diskriminierung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen seit Jahresbeginn 2016 aufgehoben und eine steuerrechtliche Gleichstellung mit einer deutschen gemeinnützigen Stiftung erreicht. Das deutsche Erbschaftsteuerrecht sieht allerdings nach wie vor eine steuerrechtliche Diskriminierung von ausländischen Familienstiftungen vor, indem sie – anders als beim Inlandssachverhalt – beim Erstwidmungsvorgang das Verwandschaftsverhältnis zwischen dem Stifter und dem entferntest verwandten Begünstigten der Stiftung nicht berücksichtigt. Der Beitrag zeigt, dass die Anwendung von § 15 Abs. 2 ErbStG auf liechtensteinische Stiftungen nicht nur europarechtswidrig, sondern auch staatsvertragswidrig unter dem neuen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Fürstentum Liechtenstein ist. In der deutschen Besteuerungspraxis ist die Errichtung liechtensteinischer Familienstiftungen aufgrund des Anwendungsvorrangs europäischen Primärrechts bzw. des DBA vor den Regeln des nationalen Steuerrechts genauso zu behandeln, wie die Errichtung vergleichbarer deutscher Familienstiftungen.
1. Einführung
Der vorliegende Beitrag hat ein Beispielszenario vor Augen, nach welchem ein in Deutschland ansässiger Stifter, etwa zum Zwecke der Asset Protection oder zur sachgerechten Gestaltung einer Unternehmensnachfolge, grenzüberschreitend eine privatnützige Familienstiftung im Fürstentum Liechtenstein mit einem Erstwidmungsbetrag von 12.000.000 EUR errichten möchte. Der Stifter ist bereit, durch den Widmungsakt die Verfügungsmacht über das Stiftungsvermögen endgültig an die Stiftungsorgane zu übergeben und den steuerrechtlich geforderten "Entreicherungsnachweis" des §15 Abs. 6 Nr. 1 AStG durch Vorlage aller relevanten Stiftungsdokumente sachgerecht zu führen.
In Liechtenstein zivilrechtlich grundsätzlich denkbare Widerrufsvorbehalte oder "starke" Änderungsvorbehalte des Stifters gem. Art. 552 § 30 PGR sollen vorliegend nicht bestehen. Auch bestehen keine sog. "Mandatsverträge" oder andere Rechtsinstitute, die zivilrechtlich geeignet wären, die Stiftungsorgane an Entscheidungen des Stifters zu binden. Der Ort der Geschäftsleitung der geplanten Stiftung liege ausschließlich in Liechtenstein; die Stiftung wird annahmegemäß dem normalen Besteuerungsregime für juristische Personen unterworfen.
Es handele sich vorliegend um ein originäres Stiftungsgeschäft auf den Tod iSd § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStG oder unter Lebenden iSd § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 ErbStG und nicht um eine spätere Zuwidmung. Begünstigte der liechtensteinischischen Stiftung seien nach den Satzungsbestimmungen ausschließlich der Stifter, seine Ehefrau sowie die mit dem Stifter in gerader absteigender Linie verwandten Abkömmlinge im Rahmen der Generationennachfolge. Die "entferntesten" Begünstigten im Verhältnis zum Stifter seien somit nach der Stiftungssatzung die eigenen Abkömmlinge. Es sei ferner aufgrund der Satzungsbestimmungen sichergestellt, dass die Stiftung die genannten Begünstigten fördert und unterstützt und damit wesentlich im Interesse der Familie des Stifters errichtet wird.
Eine Anzeigepflicht des Erwerbs trifft in einem solchen Szenario gem. § 30 Abs. 1 ErbStG die liechtensteinische Stiftung als Erwerberin. Für diese lässt sich keine örtliche Zuständigkeit im Bundesgebiet gem. § 35 Abs. 1 oder 2 ErbStG ermitteln, da sie weder Geschäftsleitung (§ 20 Abs. 1 AO), noch Sitz (§ 20 Abs. 2 AO), noch Vermögen (§ 20 Abs. 3 AO) noch Tätigkeit (§ 20 Abs. 4 AO) im Inland hat. Da vorliegend gem. § 20 Abs. 1 ErbStG nicht nur die Auslandsstiftung, sondern "auch" der Stifter Steuerschuldner ist, bietet es sich an, die Anzeige an das Wohnsitzfinanzamt des Stifters zu richten und damit auch der subsidiär geltenden Anzeigepflicht des Stifters iSd § 30 Abs. 2 ErbStG nachzukommen.
Der Stifter ist zum Zeitpunkt des Widmungsgeschäfts Inländer iSd § 2 Abs. 1 S. 2 lit. a ErbStG. Der Übergang von Vermögen, hier des Erstwidmungsbetrages, aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden gilt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG als Schenkung unter Lebenden, welche gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG der Schenkungsteuer unterliegt. Dies gilt inbesondere, weil die Stiftung nach dem Sachverhalt über das gestiftete Vermögen rechtlich und tatsächlich frei verfügen kann.
Die Auslandsstiftung ist vorliegend wesentlich im Interesse der Familie des Stifters errichtet (§ 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG iVm R E 1.2 Abs. 1, 2 ErbStR 2011). Gem. § 15 Abs. 2 ErbStG ist deswegen bei der Besteuerung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Stifter zugrunde zu legen. Die Ehegattin und die Abkömmlinge des Stifters fallen gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und 3 ErbStG unter die Schenkungsteuerklasse I. Sind die entferntest verwandten lebenden Begünstigten die Enkelkinder des Stifters, so ist gem. R E 15.2 Abs. 2 ErbStR 2011 auch vorliegend be...