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Im Fall einer Steuerhinterziehung können Hinterziehungszinsen eine hohe zusätzliche finanzielle Belastung bewirken. Da insb. Schenkung- und Erbschaftsteuerhinterziehungen oft relativ spät entdeckt werden, kann z. B. Kapitalvermögen in Fällen von hinterzogenem Vermögen – ggf. zu einem erheblichen Teil – zusätzlich durch Hinterziehungszinsen aufgezehrt werden. In dem Beitrag wird anhand einschlägiger Rechtsprechung auf Einzelfragen der Festsetzung und Abwehr von Hinterziehungszinsen in Erbschaft-/Schenkungsteuerfällen eingegangen.

I. Vorliegen einer Schenkung-/Erbschaftsteuerhinterziehung

Die Hinterziehung von Schenkung-/Erbschaftsteuer kann in vielfältiger Weise vorkommen. "Klassiker" sind "Schwarzgeld" im Ausland[1], "Verstecken" von Kapital in (ausländischen) Stiftungen[2] u. ä., "Nichterklären" ausländischer Vermögenswerte/-gegenstände bei der Erbschaftsteuererklärung[3], oder schlicht die Nichtangabe von Vorschenkungen (BGH 1 StR 405/14).

[1] Aus der vielfältigen Literatur: Gehm, Steuerhinterziehung durch Erben und Zuwendungsempfänger, NWB 2018, 2695; Halaczinsky, Schenkung- und erbschaftsteuerliche Aspekte bei Kapitalanlagen, ErbStB 2013, 226.
[2] Dazu Demirci/Radwan, Der deutsch-schweizerische Erbfall – Auskunftsansprüche und steuerstrafrechtliche Fallstricke (Teil 2), ZErb 2019, 29; Klarner, Die Anzeigepflichten des ErbStG im Spiegel der neueren Rechtsprechung, ZEV 2019, 13; Schulze-Borges, Ausländische Familienstiftungen und Trusts: Verletzung von Anzeige- bzw. Erklärungspflichten und ihre Auswirkungen auf die Schenkung- und Erbschaftsteuer, ZEV 2017, 190; Warlich, Steuerliche Pflichten des Erben in Bezug auf "schwarzes" Nachlassvermögen, ZErb 2013, 254; Halaczinsky, Füllsack, Verletzung der Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 AO im Erbschaftsteuerrecht, BB 2011, 2839.
[3] Beispiel FG Köln v. 13.12.2018, 7 K 131/17, EFG 2019, 779 zur Annahme einer Hinterziehung bei vererbtem Vermögen aus einer Stiftung ausländischen Rechts.

1. Voraussetzung für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen

Hinterziehungszinsen entstehen nach § 235 Abs. 2 AO mit dem Eintritt der Steuerverkürzung oder der Erlangung des Steuervorteils und werden durch Zinsbescheid festgesetzt (§ 239 Abs. 1 Satz 1 AO iVm § 155 Abs. 1 AO). Für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen ist gem. § 235 AO erforderlich, dass die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des § 370 Abs. 1 AO (Steuerhinterziehung) nachweislich erfüllt sind und die Tat iSv § 370 Abs. 4 AO vollendet ist. Die Tat muss in (mittelbarer) Täterschaft oder Mittäterschaft begangen worden sein, Beihilfe und Anstiftung sowie versuchte Steuerhinterziehung reichen nicht. Persönliche Strafausschließungsgründe, insb. die Selbstanzeige nach § 371 AO hindern die Entstehung des Zinsanspruchs nicht. Nicht erforderlich ist eine strafrechtliche Verurteilung.[4] Aber auch bei einer strafrechtlichen Verurteilung muss das Finanzamt grds. die vorgenannten Voraussetzungen selbst feststellen, dabei kann es sich die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen zu eigen machen, es könnte auch zu einer abweichenden Beurteilung kommen.[5] Die leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) und die übrigen Steuerordnungswidrigkeiten lösen keine Hinterziehungszinsen aus.

[4] Näheres Nr. 1.3 AEAO zu § 235 AO.

2. Ausgewählte Zweifelsfragen zur Erbschaft-/Schenkungsteuerhinterziehungen

a) Stiftungen

Im Zusammenhang mit (insb. ausländischen) Stiftungen zeichnet sich ein Trend in der Verwaltungspraxis und Rechtsprechung ab, eine Durchbrechung des Trennungsprinzips anzunehmen.[6] Nach dem Trennungsprinzip ist das Vermögen einer intransparenten, wirksam gegründeten und rechtlich selbständigen Stiftung dem Stifter nicht mehr zuzurechnen und kann schon deshalb nach inländischem Erbrecht – unabhängig von dem ausländischen Personalstatut der Stiftung – nicht mehr der gesetzlichen Erbfolge oder einer Verfügung von Todes wegen unterliegen. Verfügungen über das Stiftungsvermögen können keine Steuerhinterziehungen des Stifters sein. Eine Vererbung des Stiftungsvermögens von Stifter bzw. Schenkungen vom Stifter kommen somit nur in Betracht, wenn das Vermögen in Durchbrechung des Trennungsprinzips weiterhin dem Stifter zuzurechnen ist. Das Trennungsprinzip ist lt. BFH[7] durchbrochen, wenn nach den getroffenen Vereinbarungen und Regelungen dem Stifter umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen einer ausländischen Stiftung vorbehalten werden, so dass die Stiftung gehindert ist, über das ihr übertragene Vermögen dem Stifter gegenüber tatsächlich und frei zu verfügen. Sind die Herrschaftsbefugnisse des Stifters (lt. Stiftungsatzung und/oder Stiftungsrecht) nicht vererblich, erlöschen sie mit dem Tode des Stifters ersatzlos. Damit entfällt zugleich die Zurechnung des Stiftungsvermögens beim Stifter bzw. dessen Erben. Rechtsnachfolger hinsichtlich des Stiftungsvermögens ist in diesem Fall die Stiftung selbst. Außerdem bzw. zusätzlich greift die mit einer liechtensteinischen Familienstiftung verbundene Abschirmwirkung nicht ein, wenn sie hauptsächlich der Steuerhinterziehung dient. Demzufolge sei eine liechtensteinische Familienstiftung...

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