Leitsatz
Unwirksamkeit eines Drei-Zeugen-Testaments.
OLG München, Beschluss vom 14. Juli 2009 – 31 Wx 141/08 v
Sachverhalt
Die Erblasserin ist am 17.6.2007 im Alter von 72 Jahren verstorben. Ihr Ehemann ist 2005 vorverstorben, ihre Tochter bereits 1981. Die Beteiligte zu 1 ist die Schwester des Ehemannes der Erblasserin, die Beteiligte zu 2 die Schwester der Erblasserin. Zwei weitere Schwestern der Erblasserin (A. und M.) sind 1991 bzw. Anfang 2007 vorverstorben. Der Beteiligte zu 3 ist der Ehemann von A., die Beteiligten zu 10 bis 12 sind deren Kinder. Die Beteiligten zu 4 bis 9 sind die Kinder von M. Die Beteiligte zu 5 hat die Erbschaft ausgeschlagen.
Es liegt ein gemeinschaftliches Testament vom 9.6.1988 vor, in dem sich die Ehegatten gegenseitig und für den Fall des beiderseitigen Ablebens A. und M. zu Erben bestimmten. Das Testament endet mit der Bemerkung "Änderung vorbehalten" und den Unterschriften der Ehegatten. Statt ihrer verstorbenen Schwester A. setzte die Erblasserin mit handschriftlicher Verfügung vom 3.3.2006 deren Ehemann, den Beteiligten zu 3, ein.
Vom 4.5. bis 1.6.2007 befand sich die Erblasserin nach einem Sturz aus dem Rollstuhl im Krankenhaus; sie litt unter anderem an einem Adenokarzinom. Aufgrund des Sturzes konnte sie die rechte Hand nicht gebrauchen. Am Nachmittag des 30.5.2007, einem Mittwoch, errichtete sie ein Nottestament, mit dem sie die Beteiligten zu 1 und 2 zu gleichen Teilen zu Erben einsetzte. Die Niederschrift wurde von der Beteiligten zu 1 angefertigt und von der Erblasserin sowie drei bei Errichtung des Testaments anwesenden Zeuginnen unterschrieben. Bei diesen handelt es sich um die Putzhilfe der Erblasserin und eine Altenpflegerin, die gemeinsam mit der Beteiligten zu 1 die Erblasserin im Krankenhaus besuchten, sowie die dort tätige Krankenschwester M. Am 1.6.2007 wurde die Erblasserin in ein Pflegeheim entlassen. Am 14.6.2007 fiel sie in ein Koma und wurde erneut ins Krankenhaus gebracht, wo sie am 17.6.2007 verstarb.
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben einen Erbschein beantragt, der sie als Miterben je zur Hälfte ausweist. Das Nottestament vom 30.5.2007 sei wirksam; es habe eine so akute Todesgefahr bestanden, dass ein Notar nicht mehr rechtzeitig hätte gerufen werden können. Jedenfalls sei zu befürchten gewesen, dass die Erblasserin sehr zeitnah testierunfähig werden würde. Der Beteiligte zu 3 und die Beteiligten zu 6 bis 9 bestreiten das; nach ihrer Ansicht ist das gemeinschaftliche Testament mit der Ergänzung vom 3.3.2006 für die Erbfolge maßgeblich.
Das Nachlassgericht hat schriftliche Stellungnahmen der Krankenschwester und Testamentszeugin M., der behandelnden Ärztin Dr. S. und der Pflegedienstleitung des Pflegeheims eingeholt, ferner wurden die Pflegedokumentation des Heims und der Entlassungsbericht des Krankenhauses vom 31.5.2007 vorgelegt. Mit Beschluss vom 27.2.2008 wies das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag zurück. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 blieb erfolglos. Gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 3.11.2008 richtet sich ihre weitere Beschwerde.
Aus den Gründen
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. (...)
a) Gemäß § 2250 Abs. 2 BGB kann ein Nottestament vor drei Zeugen errichten, wer sich in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich weder die Errichtung eines Testaments vor einem Notar noch vor einem Bürgermeister nach § 2249 BGB möglich ist. Eine jederzeit drohende Testierunfähigkeit steht der Todesgefahr gleich, wenn sie voraussichtlich durchgängig bis zum Tode fortdauert. Die derart nahe Gefahr des Todes oder der Testierunfähigkeit muss dabei entweder objektiv vorliegen oder subjektiv nach der Überzeugung aller drei Testamentszeugen bestehen (BGHZ 3, 372 zu § 24 TestG; MüKo BGB/Hagena 4. Aufl. § 2250 Rn 7 f; Staudinger/Baumann BGB Bearbeitungstand 2003 § 2250 Rn 20; Reimann/Bengel/J. Mayer, Testament und Erbvertrag 5. Aufl. § 2250 Rn 4). Die Besorgnis muss nach dem pflichtgemäßen Ermessen der Zeugen auch angesichts der objektiven Sachlage als gerechtfertigt angesehen werden können (BGHZ 3, 372/373; Staudinger/Baumann § 2250 Rn 18). Auf die Einschätzung des Erblassers kommt es nicht an (BGHZ 3, 372/378).
Ist der Erblasser nur körperlich zu schwach, um ein eigenhändiges Testament errichten zu können, wird beim Fehlen der übrigen Voraussetzungen der Tatbestand des § 2250 BGB nicht erfüllt (MüKoBGB/Hagena § 2250 Rn 9).
b) Die Frage, wann das Eintreffen eines Notars oder des Bürgermeisters erwartet werden konnte, liegt ebenso auf tatsächlichem Gebiet wie diejenige, ob die Gefahr bestand, dass die Erblasserin vorher versterben oder testierunfähig werden würde.
Die hierzu vom Gericht der Tatsacheninstanz getroffenen Feststellungen können im Verfahren der weiteren Beschwerde nur daraufhin überprüft werden, ob es den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend ermittelt (§ 12 FGG, § 2358 Abs. 1 BGB) und bei der Erörterung des Beweisstoffs alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen die Denkgesetze od...