Die relative Stärke des Erbrechts der halben Geburt ist besonders augenfällig, wenn Halbgeschwister mit dem Ehegatten des Erblassers konkurrieren. Aus diesem Grund, wird im Folgenden das Ehegattenerbrecht neben Halbgeschwistern skizziert:
Die Erbquote des Ehegatten wird generell durch zwei Faktoren bestimmt: den Güterstand im Zeitpunkt des Erbfalls und den Grad der Verwandten des Erblassers, mit denen der Ehegatte zusammentrifft. § 1931 Abs. 1 und 2 BGB führen hier zu dem Ergebnis, dass die Erbquote des Ehegatten umso höher ist, je entfernter die blutsmäßige Verwandtschaft des Erblassers zu den anderen Erben ist.
§ 1931 Abs. 1 S. 1 BGB legt fest, dass der Ehegatte neben Verwandten der ersten Ordnung, d. h. gem. § 1924 BGB Abkömmlingen des Erblassers, grds. 1/4 des Nachlasses erbt, bei Zugewinngemeinschaft kann sich dieser Erbteil auf 1/2 erhöhen. Haben die Ehegatten im Zeitpunkt des Todes des Erblassers im Güterstand der Gütertrennung gelebt, so richtet sich der Anteil des Ehegatten am Nachlass nach der Anzahl der vorhandenen Kinder: Ist ein Kind vorhanden, erbt der Ehegatte die Hälfte, bei zwei Kindern ein Drittel und bei mehr als zwei Kindern ein Viertel.
Sind beim Erbfall neben dem Ehegatten nur noch Verwandte der zweiten Ordnung, d. h. nach § 1925 BGB die Eltern des Erblassers oder deren Abkömmlinge, vorhanden, so erhält der Ehegatte die Hälfte der Erbschaft, bei Zugewinngemeinschaft kann sich der Erbteil auf 3/4 erhöhen. Die Erbquote des überlebenden Ehegatten erhöht sich aber nicht, wenn im Zeitpunkt des Todes des Erblassers beide Elternteile vorverstorben sind und nur ein Elternteil Abkömmlinge hinterlassen hat. Wegen fehlender Normierung kann der Ehegatte nämlich auch in solchen Fällen nicht an die Stelle eines weggefallenen Elternteils treten.
Aus der dritten Ordnung erben neben dem Ehegatten, der die Hälfte der Erbschaft – bei Zugewinngemeinschaft 3/4 – erhält, nur noch die Großeltern des Erblassers, § 1926 BGB. Sind alle Großelternteile vorverstorben, ist der Ehegatte Alleinerbe. Wenn jedoch nur einige Großelternteile vorverstorben sind, so hängt eine Erhöhung der Erbquote des Ehegatten davon ab, wem der Anteil des Vorverstorbenen hypothetisch zufallen würde: Sind Abkömmlinge vorhanden, die den Stamm grundsätzlich repräsentieren würden (§ 1926 Abs. 3, 4 BGB), so erbt der Ehegatte ihren Anteil gem. § 1931 Abs. 2, 1 S. 2 BGB. In dem Falle, dass keine Abkömmlinge vorhanden sind, fällt der Anteil anderen Großelternteilen zu. Die Erbquote des Ehegatten erhöht sich mithin nicht, weil er nur die Abkömmlinge verdrängt.
In solchen Konstellationen ist der Erbteil des Ehegatten mithin kein fester, die Beteiligung des überlebenden Ehegatten am Nachlass des Erblassers ist umso größer, je größer der Anteil ist, der nach § 1926 BGB den vorhandenen Abkömmlingen neben einem oder mehreren Großelternteilen zustünde.
Die Erbquote des Ehegatten ist hingegen fest, wenn neben ihm nur Verwandte bis zur zweiten Ordnung berufen sind. Wenn z. B. eines von drei Kindern des Erblassers seine Erbschaft ausschlägt, erhöht sich nur die Erbquote der anderen Kinder, nicht aber die des Ehegatten.
Dieses Ergebnis ist Ausfluss der Berufung des Ehegatten zum gesetzlichen Erben in § 1931 BGB als Ausdruck des selbstständigen Ehegattenerbrechts, das einen von der gesetzlichen Verwandtenerbfolge nach Ordnungen unabhängigen Berufungsgrund darstellt. So gibt es auch kein Eintrittsrecht der Abkömmlinge des Ehegatten in das Ehegattenerbrecht, wenn der Ehegatte im Zeitpunkt des Erbfalls vorverstorben war.