Weil aber die Berufung zum Erben sowohl kraft Gesetzes als auch kraft letztwilliger Verfügung erfolgen kann (§ 1948 Abs. 1 BGB), ist die Frage von Bedeutung, welche Erbenberufung schlägt der Erbe aus, wenn der Erblasser ihn im Sinne von § 2306 BGB beschwert hat:
Erfolgte diese testamentarisch und schlägt der Erbe deshalb die Erbschaft unter ausdrücklicher Berufung auf die Verfügung des Erblassers aus, schüttelt er mit Ausschlagung der testamentarischen Verfügung möglicherweise die Belastungen ab, er wird dann aber nach den gesetzlichen Regeln nunmehr unbeschwerter Erbe. Als solcher ist er jedoch nicht enterbt; er kann also den Pflichtteil nicht erlangen: § 2303 BGB ist nicht einschlägig! Das kann beispielsweise gewollt sein, wenn der Erbe zwar Erbe werden, aber eine angeordnete Testamentsvollstreckung beseitigt haben will.
Dabei muss dann freilich ausgeschlossen sein, dass der Erblasser für den Fall der Erbausschlagung Anwachsung (§ 2094 BGB) oder Ersatzerbschaft angeordnet (§ 2096 f. BGB) hätte oder diese kraft gesetzlicher Vermutung (etwa § 2069 BGB) eingetreten wäre.
Das aber ist durch Auslegung der letztwilligen Verfügung und ihrer Begleitumstände zu ermitteln.
In jedem Fall gilt:
Nur wenn der so beschwerte Erbe zugleich die Berufung nach testamentarischer und gesetzlicher Erbfolge abschüttelt, wirkt seine Ausschlagung umfassend und eröffnet ihm den Weg zum Pflichtteilsrecht.
Im Regelfall einer Erbeinsetzung unter Beschränkungen und Beschwerungen dürfte sich erweisen, dass dem Erblasser eine Differenzierung der Berufungsgründe wohl eher ferngelegen hat; das ist jedoch vor der Ausschlagung zu klären durch Auslegung der Umstände der Testamentsentstehung.
Erst die Auslegung des Erblasserwillens zur Beschwerung kann danach der Differenzierung des Gesetzgebers Gewicht verschaffen, dem Erben die Wahl zu überlassen, entweder den belasteten Erbteil anzunehmen, nur die Belastung durch die testamentarische Verfügung abzustreifen, aber (gesetzlicher) Erbe ohne testamentarisch angeordnete Belastung zu bleiben, oder den Erbteil umfassend zugunsten der Pflichtteilserlangung auszuschlagen.
Die Differenzierung, nur die testamentarische Erbeinsetzung, nicht aber die gesetzliche Berufung solle aus Sicht des Erblassers belastet werden, dürfte in der Realität allerdings eher selten anzutreffen sein, und wenn, dann würde die insoweit zu beurteilende Verfügung voraussichtlich aufgrund der Differenzierung im Wortlaut den Erben zur Vorsicht gemahnen, seine Ausschlagungserklärung entsprechend treffgenau zu formulieren: Die Problematik scheint deshalb eher historisch-dogmatisch denn praktisch von Bedeutung zu sein.
Die pauschale Aussage, so kann jedenfalls konstatiert werden, der beschwerte Erbe müsse stets aus allen Berufungsgründen ausschlagen, mag wohl ungenau sein; es ist stets zu prüfen, ob der testamentarisch Bedachte statt des zugewandten beschwerten Erbrechts dennoch in Übereinstimmung mit dem Erblasserwillen seinen gesetzlichen Erbteil ohne Beschränkung soll erlangen können. Das steht in der Tat nicht von vorneherein fest, wenn dies auch in der Mehrzahl der Fälle nicht anzunehmen sein dürfte.