Auch in Ausnahmesituationen wie einer Pandemie, in der fast alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten auf staatliche Anordnung hin stillgelegt sind, müssen geschuldete Nachlassverzeichnisse und Wertgutachten zügig beigebracht werden. Versuche, die eingetretene Verzögerung pauschal mit einem Hinweis auf die COVID-19-Pandemie zu entschuldigen, muss der Pflichtteilsberechtigte nicht hinnehmen.
Dem Beschluss des OLG Koblenz vom 1.4.2021 war ein Teil-Anerkenntnisurteil des LG Koblenz vom 6.4.2020 vorausgegangen, in dem die Alleinerbin ihrem Anerkenntnis gemäß zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses und eines Wertermittlungsgutachtens verurteilt worden war. Nachdem das LG Koblenz am 24.8.2020 auf Antrag des Pflichtteilsberechtigten einen Zwangsgeldbeschluss erlassen hatte (veröffentlicht in ZErB 2020, 363), legte die Alleinerbin hiergegen zunächst Beschwerde ein, um erst im laufenden Abhilfeverfahren das Nachlassverzeichnis und das Wertermittlungsgutachten vorzulegen.
Gegen den Zwangsgeldbeschluss wandte die Auskunftsschuldnerin ein, ihr sei die Verzögerung der Auskünfte nicht vorzuwerfen, da sie alles in Ihrer Macht Stehende unternommen habe. Die Verzögerung sei auf die pandemiebedingt erhöhte Arbeitsbelastung des beauftragten Notariates sowie die behördlich angeordneten Einschränkungen zur Eindämmung des SARS-CoV-2-Virus zurückzuführen. Eine Beschleunigung der Fertigstellung sei ihr vor diesem Hintergrund nicht möglich und unabhängig davon angesichts des bundesweiten "Lockdowns" in den Monaten nach der Urteilsverkündung auch gar nicht angezeigt gewesen.
Besondere Verfahrenssituation
Mit ihrer Beschwerdebegründung beantragte die Alleinerbin, den Zwangsgeldbeschluss aufzuheben. Ob für diesen auf Aufhebung des erlassenen Zwangsgeldschlusses gerichteten Antrag überhaupt Rechtsschutzbedürfnis besteht, ist fraglich.
Der Zwangsgeldbeschluss gemäß § 888 ZPO ist Maßnahme der Zwangsvollstreckung und zugleich selbst Vollstreckungstitel gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Wird die geschuldete Handlung nach Erlass des Zwangsgeldbeschlusses vorgenommen, so wird der Zwangsgeldbeschluss gegenstandslos.
Dass der Beschluss gegenstandslos wird, bedeutet allerdings ausschließlich, dass aus dem Zwangsgeldbeschluss nicht mehr vollstreckt werden darf. Der Zwangsgeldbeschluss an sich bleibt bestehen. Der Zwangsgeldbeschluss wird nicht wegen nachträglicher Erfüllung der Auskunftspflicht aufgehoben. Die nachträgliche Erfüllung der im primären Vollstreckungstitel festgesetzten Verpflichtung ist allein und ausschließlich Einwendung i.S.d. §§ 767 i.V.m. 794, 795 ZPO. Die zugleich mit der Erfüllung eintretende Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Zwangsgeldbeschluss selbst ist ebenfalls allein und ausschließlich eine nachträgliche Einwendung gemäß §§ 767 i.V.m. 794 Nr. 3, 795 ZPO.
Es besteht in einer solchen Situation also keine Möglichkeit, der Beschwerde gegen den Zwangsgeldbeschluss durch Aufhebung des Beschlusses abzuhelfen, nachdem dieser selbst durch nachträgliche Erfüllung gegenstandslos geworden ist (vgl. LAG Hessen, Beschl. v. 18.10.2013 – 12 Ta 179/13). Einer Beschwerde gegen einen gegenstandslosen Beschluss, der nicht nachträglich aufgehoben werden kann, fehlt dann allerdings regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis (siehe Musielak/Voit/Lackmann, 17. Aufl. 2020, ZPO § 888 Rn 14).
Auch im Hinblick auf die im Zwangsgeldbeschluss enthaltene Kostengrundentscheidung stellt sich die Frage, ob allein mit dem Kosteninteresse des Beschwerdeführers eine Zulässigkeit der Beschwerde begründet werden kann. Denn ein die Zulässigkeit begründendes Interesse bestünde nur, wenn das Beschwerdegericht die Kostengrundentscheidung im gegenstandslos gewordenen Zwangsgeldbeschluss nachträglich ändern könnte. Mit dieser Frage setzt sich das OLG Koblenz im Beschl. v. 1.4.2021 leider nicht auseinander.
Es ist allen Prozessbevollmächtigten, die den auf Pflichtteil verklagten Erben in dieser speziellen Verfahrenssituation vertreten, in jedem Fall zu empfehlen, einen ausdrücklich auf das Kosteninteresse gerichteten Antrag in die Beschwerdebegründung aufzunehmen, da sonst Zweifel am Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses aufkommen dürften.
Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO
Nachdem die Alleinerbin in Frage gestellt hatte, ob die Zwangsvollstreckung auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses als unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO vollstreckt wird, nutzte der Senat die Gelegenheit ausführlich zu begründen, dass nur eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO in Betracht kommt. Der Notar sei zur Erbringung der von ihm geschuldeten Mitwirkungshandlungen nur in der Lage, wenn der Schuldner zunächst seine eigenen – unvertretbaren – Mitwirkungshandlungen erbringt.
Pauschaler Hinweis auf Pandemiesituation reicht nicht aus
Das OLG Düsseldorf, 3.2.2020 – I-7 W 92/19, hielt für die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses jüngst einen Zeitraum von drei bis vier Monaten für ausreichend. Ist es dem Erben innerhalb dieses Zeitraums nicht mögli...