a) Zum 1.1.2002 wurde durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 (BGBl I S. 3138) auch das Verjährungsrecht reformiert. Die normale allgemeine Verjährungsfrist des § 195 BGB aF wurde in eine dreijährige Verjährungsfrist verkürzt (§ 195 BGB nF). Allein, es blieb bei der Verjährung für (erbrechtliche) Ansprüche bei einer Verjährungsfrist von 30 Jahren. Dies wurde in § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB (in der Fassung, die vom 1.1.2002 bis zum 31.12.2009 galt) festgeschrieben.
b) Daneben wurde durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz § 196 BGB neu geschaffen. Danach verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück in 10 Jahren. Der hier zu behandelnde Vermächtnisanspruch ist auf eine solche Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gerichtet. Der Verjährungsbeginn ist die Entstehung des Anspruchs (§ 200 S. 1. BGB idF, die seit dem 1.1.2010 gilt).
Hier wurde als Beispiel für einen Anspruch auf Eigentumsübertragung ein Vermächtnis gewählt. Aber die Vorschrift betrifft nicht nur Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an Grundstücken, sondern auch Ansprüche auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstücke oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung. Alle solchen Ansprüche können auch durch Vermächtnisse zugewandt werden. Im Weiteren wird beim Beispiel eines Grundstücksvermächtnisses verblieben, weil solche Vermächtnisse in Bezug auf § 196 BGB die praktisch wichtigsten sind.
c) Das Übergangsrecht "Überleitungsvorschrift zum Verjährungsrecht nach dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001" (Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB) bestimmt, dass das neue Recht für alle "bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung" findet. Abs. 1 S. 2 ergänzt, dass sich der Beginn der Verjährung für Ansprüche, die vor dem 1.1.2002 entstanden sind, nach der bis zum 1.1.2002 geltenden Fassung des BGB bestimmt.
Da die Frist für die Verjährung erbrechtlicher Ansprüche nicht geändert wurde – es blieb gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei 30 Jahren – ist der Vermächtnisanspruch damals keiner anderen Verjährung unterworfen worden.
Danach verjährte im Beispiel 1 der Vermächtnisanspruch aus § 2174 BGB auch nach der Schuldrechtsmodernisierung im Jahr 2030.
d) Da der Anspruch auf Übertragung des Eigentums am Grundstück aufgrund des Vermächtnisses gemäß § 2174 BGB am 1.1.2002 bestand und zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, kommt – wie bereits gesagt – nach Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB das neue Recht zur Anwendung.
Zum neuen Recht zählte aber auch der durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz geschaffene § 196 BGB mit seiner 10-jährigen Verjährung. Der Beginn der Verjährung des Anspruchs auf Übereignung des Eigentums an einem Grundstück bestimmt sich nach Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB nach dem alten Recht, also in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung des BGB. Nach altem Recht begann die Verjährung nach § 198 BGB aF mit der Entstehung des Anspruchs, also hier mit dem 30.6.2000 (§ 187 BGB). Danach würde der Anspruch 10 Jahre nach seiner Entstehung gemäß § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 30.6.2010 verjähren.
e) In der Zeit zwischen dem 1.1.2002 und dem 31.12.2009, dem Tag vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24.9.2009, stellte sich für Grundstücksvermächtnisse aus der Zeit vor dem 1.1.2002 die Frage: verjähren diese Ansprüche nach 10 Jahren wegen § 196 BGB oder verjähren sie nach 30 Jahren.
Die Problematik unterschiedlicher Verjährungsregelungen nach dem zum 1.1.2002 in Kraft getretenen § 196 BGB und nach der Regelung des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB für Vermächtnisansprüche hinsichtlich von Grundstücken wurde im Schrifttum gesehen. Maßgeblich soll die Auslegung der Normen sein. § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB wurde als die Norm mit dem mit dem umfassenderen Geltungswillen angesehen. Daher trat nach dieser Ansicht § 196 BGB hinter § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB zurück.
f) Danach war der im Beispiel gewählte Vermächtnisanspruch, der mit dem Erbfall vom 30.6.2000 entstanden war, im Hinblick auf § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB am 31.12.2009, dem Tag vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts, noch nicht verjährt.
Wenn die nachfolgende Änderung des Verjährungsrechts nicht eingreifen würde, so würde der Anspruch (nach wie vor) mit dem 30.6.2030 verjähren.