Nachdem somit feststeht, wie sich ein ordnungsgemäßes (sei es privatschriftlich oder amtlich) Verzeichnis inhaltlich zu dem Nachlassbestand zu verhalten hat, ist der Frage nachzugehen, welche Anforderungen vor diesem Hintergrund an eine Auskunft nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB zu stellen sind.
1. Aufgaben des Notars bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses im Allgemeinen
Den Notar, der entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO zur Aufnahme des Nachlassverzeichnisses verpflichtet ist, treffen im Zusammenhang mit der Erstellung des Verzeichnisses im Wesentlichen zwei Pflichten, nämlich einerseits die Entgegennahme, Prüfung und Beurkundung von Erklärungen des Erben sowie andererseits eigene Ermittlungen, und zwar jeweils im Hinblick auf die vorstehend dargestellten Nachlassbestandteile.
a) Wiedergabe, Plausibilitätskontrolle und Beurkundung von Erklärungen des Auskunftspflichtigen
Nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass der Erbe ihm über den Bestand des Nachlasses im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses Auskunft erteilt. Seine Auskunftspflicht erfüllt der Erbe nur dann, wenn ein vollständiges und einheitliches notarielles Verzeichnis mit allen Aktiv- und Passivwerten sowie bei entsprechendem Verlangen des Pflichtteilsberechtigten Angaben zum fiktiven Nachlass vorgelegt wird.
Bei der Aufnahme des Verzeichnisses durch den Notar muss der Verpflichtete persönlich anwesend sein und für Nachfragen, Erläuterungen sowie Belehrungen zur Verfügung stehen. Eine Vertretung des auskunftspflichtigen Erben ist ausgeschlossen, da die Auskunftsverpflichtung des Erben nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB auf eine unvertretbare Handlung gerichtet ist; angemerkt sei, dass auch der Notar sich grundsätzlich nicht vertreten lassen, sondern sich allenfalls bei Hilfstätigkeiten der Hilfe Dritter bedienen darf. Demzufolge hat der Notar als Ausgangspunkt in der Regel zunächst den Erben persönlich zu dem Nachlassbestand zu befragen und dessen Angaben kritisch auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Unter Berücksichtigung des Informationsdefizits des Pflichtteilsberechtigten einerseits und der Erkenntnismöglichkeiten des Notars andererseits sind die Anforderungen an die den Notar treffende Plausibilitätskontrolle aus der Sicht eines objektiven Dritten zu bestimmen. Soweit ein solcher hinsichtlich der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben des Erben Zweifel hätte, muss der Notar sich im Interesse der Sachverhaltsaufklärung zu Nachforschungen veranlasst sehen.
Der Notar hat also die Angaben des Erben einer kritischen Plausibilitätskontrolle zu unterziehen sowie bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte den Sachverhalt weiter aufzuklären. Folglich muss der Notar Erben anhalten, ihren Mitwirkungspflichten nachzukommen, d. h. vollständige und der Wahrheit entsprechende Angaben zu machen sowie ihm die zur Plausibilitätskontrolle erforderlichen Unterlagen lückenlos vorzulegen. Damit hat der Hinweis des Notars gegenüber den Erben auf deren eigene Aufklärungsmöglichkeiten einherzugehen. Hintergrund ist, dass der Erbe Auskunft nicht nur auf Grundlage des ihm präsenten Wissens erteilen muss, sondern ausgehend von dem Wissen, das er sich verschaffen kann. Dazu ist der Erbe gehalten, Ansprüche gegen Dritte (z. B. Banken, Versicherungen, Mitgesellschafter, Testamentsvollstrecker, Miterben, Erbschaftsbesitzer, Hausgenossen) notfalls gerichtlich geltend zu machen.
Mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen muss der Notar daher die Erben anhalten, ihre Auskunftsansprüche gegen Dritte durchzusetzen und ihm die erteilten Informationen zukommen zu lassen. Wenn die Angaben der Erben nicht plausibel erscheinen, wird der Notar regelmäßig die Erbenseite mit den diesbezüglichen Bedenken konfrontieren und ergänzende Angaben verlangen müssen. Eine derartige Kontrolldichte ist erfahrungsgemäß besonders bei Vorgängen geboten, die auf lebzeitige Vermögensverlagerungen des Erblassers hindeuten, d. h. den fiktiven Nachlass betreffen. Der Notar muss hier darauf drängen, dass der Erbe sich dazu erklärt, dass er keine Kenntnis von bislang ungenutzten Aufklärungsmög-lichkeiten hat und weshalb er über keine weiteren Erkenntnisse verfügt. Hierbei sollte der Notar, nicht nur um seine eigene Verantwortung einzugrenzen, sondern auch aus Gründen der Transparenz gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten, die vorgenommenen Kontrollmaßnahmen dokumentieren.
Als Mittel der Plausibilitätskontrolle kommt u.a. die Abgleichung der vom Auskunftspflichtigen gegenüber dem Notar gemachten Angaben mit den Angaben des Erben im Rahmen eines etwaigen Nachlassverfahrens in Betracht. Zu diesem Zweck bietet sich die Einsichtnahme in die Nachlassakte an. Sollte das Nachlassgericht dem Notar mangels Beteiligtenstellung keine Akteneinsicht nach § 13 Abs. 1 FamFG gewähren, dürfte ihm jedenfalls als Informationsberechtigten iSd § 13 Abs. 2 Satz 1 FamFG regelmäßig Einsicht in die Akte zu gewähren sein. Notfalls hat der am Nachlassverfahren gem. §§ 7, 345 FamFG beteiligte Erbe den hinzugezogenen Notar insofern entsprechend § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Fam...