Leitsatz
1. Ist ein im Grundbuch eingetragener Nacherbenvermerk mit Zustimmung der Nacherben gelöscht worden, so ist ein Einschreiten des Grundbuchamtes nach Eintritt des Nacherbfalls unzulässig, mit dem es die Verfügung eines Erben des Vorerben davon abhängig macht, dass vorab die Nacherbfolge im Wege der Grundbuchberichtigung eingetragen werden soll.
2. Soweit ein Nacherbenvermerk ohne Bewilligung der als Ersatzerben benannten Personen und damit zu Unrecht gelöscht wurde, bedarf es zur Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Löschung des Nacherbenvermerks des Vorliegens der Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 GBO.
OLG Hamm, Beschluss vom 24. Juli 2014 – I-15 W 300/14
Sachverhalt
I. In den eingangs genannten Grundbüchern waren seit 1989 die Eheleute A zu je 1/2 Anteil eingetragen. Die Ehegatten errichteten 1998 ein notarielles Testament, in dem sie sich gegenseitig zu befreiten Vorerben einsetzten. Zu Nacherben der Ehefrau wurden deren Schwestern B und C eingesetzt, als Ersatznacherben zu gleichen Anteilen deren jeweilige Abkömmlinge. Nach dem Tod der Ehefrau 2010 wurde der Ehemann A am 24.3.2011 als Alleineigentümer, gleichzeitig in Abt. II Nr. 2 bzw. 5 ein Nacherbenvermerk eingetragen, in dem B und C als Nacherbinnnen bei Eintritt des Todes des Vorerben sowie deren namentlich aufgeführten jeweils drei Abkömmlinge als Ersatznacherben genannt werden. Die Vermerke wurden am 5.6.2011 klarstellend dahin gefasst, dass die Nacherbfolge nur den 1/2 Miteigentumsanteil der verstorbenen Ehefrau erfasst. Die Nacherbenvermerke wurden sodann am 22.11.2011 gelöscht, und zwar aufgrund einer notariell beglaubigten Bewilligung der B und C.
Der Ehemann A ist 2013 nachverstorben. Ausweislich des in den beigezogenen Akten des Nachlassgerichts erteilten gemeinschaftlichen Erbscheins ist er von D bis G zu je 1/4 Anteil beerbt worden.
In notarieller Urkunde vom 5.4.2014 haben D bis G das Wohnungs- und das Teileigentumsrecht an H und I verkauft und aufgelassen. Der Urkundsnotar hat am 9.4.2014 die Eintragung von H und I als Eigentümer im Wege der Grundbuchberichtigung aufgrund von Erbfolge sowie die Eintragung einer Grundschuld beantragt, die H und I in gesonderter Urkunde aufgrund einer ihnen erteilten Belastungsvollmacht zugunsten der J bestellt haben.
Das Grundbuchamt hat diese Anträge mit Zwischenverfügung dahin beanstandet, es müsse eine zusätzliche Grundbuchberichtigung in Bezug auf die Nacherbfolge vorgenommen werden, die in Ansehung des ursprünglich für die erstverstorbene Ehefrau eingetragenen Miteigentumsanteils mit dem Tod des Vorerben eingetreten sei. Diese Nacherbfolge werde nicht dadurch berührt, dass der Nacherbenvermerk zwischenzeitlich gelöscht worden sei.
Gegen diese Zwischenverfügung richtet sich die Beschwerde der beteiligten D bis J.
Aus den Gründen
II. Die Beschwerde ist nach den §§ 71, 73 GBO zulässig und führt sachlich zur Aufhebung der angefochtenen Zwischenverfügung des Grundbuchamtes.
Dieses Ergebnis beruht zunächst auf grundbuchverfahrensrechtlichen Erwägungen, weil die angefochtene Zwischenverfügung bereits wegen Fehlens der formellen Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 GBO nicht zulässig ist. […]
Auch in der Sache vermag der Senat der Auffassung des Grundbuchamtes nicht zu folgen. Gegen den Grundbuchberichtigungsantrag der D bis G bestehen keine durchgreifenden Eintragungshindernisse: Beantragt wird die Grundbuchberichtigung aufgrund Erbfolge nach dem als Alleineigentümer eingetragenen Herrn A. Die Erbfolge ist durch den Erbschein nachgewiesen, der durch dasselbe Amtsgericht erteilt worden ist, bei dem auch das Grundbuch geführt wird; die Akten des Nachlassgerichts sind von dem Grundbuchamt beigezogen worden. Der Erbschein weist D bis G als Erben des Erblassers aus.
Entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes ist der Vollzug dieser Grundbuchberichtigung nicht davon abhängig, dass gleichzeitig eine weitere Grundbuchberichtigung im Hinblick auf eine Nacherbfolge nach der erstverstorbenen Ehefrau A eingetragen wird. Mit der Eintragung des Herrn A war zwar zunächst ein Nacherbenvermerk eingetragen worden, der den früheren ½ Miteigentumsanteil der erstverstorbenen Ehefrau betraf. Dieser Nacherbenvermerk ist jedoch auf der Grundlage der von B und C erteilten Bewilligung gelöscht worden. Der Nacherbenvermerk bringt die Verfügungsbeschränkungen des Vorerben nach § 2113 BGB zum Ausdruck und dient in dieser Funktion ausschließlich dem Schutz des Nacherben. Bewilligt dieser die Löschung des Nacherbenvermerks, verzichtet er auf die Schutzwirkungen dieser Eintragung. Der Verzicht auf die Eintragung des Vermerks hat solcher nicht das materiell-rechtliche Erlöschen des Nacherbenrechts zur Folge. Ob und welche materiell-rechtlichen Verfügungen über die Nacherbenanwartschaft getroffen worden sind, ist bislang offen geblieben und bedarf entgegen der in der Nichtabhilfeentscheidung des Grundbuchamtes zum Ausdruck gebrachten Auffassung auch keiner weiteren Nachweise.
Der Verzicht auf den Schutz des Nacherbenvermerks bewirkt indessen, dass das etwa fortbestehende Nacherb...