Ausländische Familienstiftungen, insbesondere aus Liechtenstein, aber auch aus Österreich, sind aufgrund ihrer zivilrechtlichen Ausgestaltungsfreiheiten für deutsche,[4] aber auch für schweizerische[5] Rechtsanwender für die Organisation der Unternehmens- und Vermögensnachfolge attraktiv geworden.[6] Ehemals bestehende Bedenken seitens der Finanzverwaltungen hinsichtlich der "Steueroasen" Liechtenstein und Österreich konnten durch den Abschluss von flächendeckenden modernen Doppelbesteuerungsabkommen mit umfassenden Informationsaustauschklauseln in Steuerfragen ausgeräumt werden.[7]

Die erst jüngst in Deutschland entstandene Diskussion um angeblich bestehende "Rechtsunsicherheiten" im Zusammenhang mit einer möglichen Doppelbesteuerung von Stiftungsleistungen mit Einkommen- und Schenkungsteuern, die von ausländischen Familienstiftungen an deutsche Begünstigte ausgekehrt werden, behindert stellenweise die der Vollendung des europäischen Binnenmarktes förderliche und auch deswegen politisch gewollte[8] Nutzung von grenzüberschreitend errichteten Vermögensstrukturen durch deutsche Stifter.

Der vorliegende Aufsatz soll nach einer kurzen Beschreibung des historischen Kontextes der zur Diskussion stehenden Rechtsnormen (Abschnitt 2) den aktuellen Sach- und Diskussionsstand darstellen (Abschnitt 3) und einer kritischen Würdigung (Abschnitt 4) unterziehen. Hierbei erfolgt insbesondere eine in der Literatur bislang – soweit ersichtlich – nicht erfolgte Würdigung der europarechtlichen und staatsvertraglichen Rahmenbedingungen für die Besteuerung von Stiftungsleistungen im Zusammenhang mit den für die deutsche Rechtspraxis primär relevanten Auslands-Stiftungsstandorten Liechtenstein und Österreich.

[4] Vgl. ausführlich Gierhake, Vermögensschutz durch privat- und gemeinnützige Stiftungen, 2014.
[5] Vgl. Gierhake, Peter, Einsatzszenarien von liechtensteinischen Stiftungen und stiftungsähnlichen Zweckvermögen unter dem neuen DBA Schweiz-Liechtenstein, SteuerRevue 9/2015.
[6] Vgl. Gierhake, Einsatzszenarien österreichischer und liechtensteinischer Stiftungen für Unternehmer und vermögende Privatpersonen in Deutschland, Familienunternehmen und Stiftungen (FuS) 3/2015.
[7] Vgl. Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Liechtenstein (2011), Abgeltungssteuerabkommen Österreich-Schweiz (2012), Abgeltungssteuerabkommen Österreich-Liechtenstein (2013), DBA Schweiz-Liechtenstein (2015).
[8] Der Abbau von Hemmnissen im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr ist das Primärziel des Europäischen Binnenmarktes, das das Kernanliegen der Europäischen Union und des Vertrages über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bildet; auch die in der vorhergehenden Fussnote angegebenen bilateralen Staatsverträge sollen ausweislich der Präambeln der jeweiligen Verträge zu einer Wohlstandsförderung und einer stärkeren grenzüberschreitenden Wirtschaftsaktivität beitragen, vgl. auch Berberich, Europarechtliche Kapitalverkehrsfreiheit und deutsches Erbschaftsteuerrecht, Bonn 2008, S. 20–21.

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