II. Die gemäß den §§ 58 ff FamFG statthafte, form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Nachlassgericht hat über den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge durch die funktionell zuständige Rechtspflegerin (§ 3 Nr. 2 c) RPflG) entschieden; ein Richtervorbehalt (§ 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG) greift hier nicht ein. Da die Erblasserin zum Zeitpunkt ihres Todes verwitwet war und eine testamentarische Verfügung nicht ermittelt worden ist, sind ihre Kinder zu gleichen Teilen ihre gesetzlichen Erben (§ 1924 Abs. 1 und 4 BGB). Die Beteiligte zu 1) ist durch Ausschlagung als Miterbin weggefallen mit der Folge, dass an ihre Stelle ihre Kinder getreten sind (1953 Abs. 1 und 2 BGB iVm § 1924 Abs. 3 BGB).
1. Die erste Anfechtungserklärung der Beteiligten zu 1) vom 13.11.1996, mit der sie die Annahme der Erbschaft und Versäumung der Ausschlagungsfrist angefochten hat, war wirksam.
a) Gemäß § 1942 Abs. 1 BGB geht die Erbschaft auf den berufenen Erben unbeschadet des Rechts über, sie auszuschlagen (Anfall der Erbschaft). Gemäß § 1943 BGB kann der Erbe die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat oder wenn die für die Ausschlagung vorgeschriebene Frist verstrichen ist; mit dem Ablauf der Frist gilt die Erbschaft als angenommen. Die Frist beträgt gemäß § 1944 Abs. 1 BGB sechs Wochen und beginnt gemäß § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt.
Die Beteiligte zu 1) hatte Kenntnis vom Tod ihrer Mutter und davon, dass sie als ihre Tochter neben ihren beiden Brüdern als gesetzliche Miterbin berufen wäre. Die Ausschlagungsfrist war damit bei Abgabe ihrer Erklärung vom 13.11.1996 abgelaufen, wovon sie in dieser Erklärung auch selbst ausgegangen ist. Eine etwaig anfänglich bestehende Vorstellung, nicht Erbin "gewesen" zu sein, "weil kein Vermögen vorhanden war" (Bl 88 dA), steht dem Beginn der Frist nicht entgegen, weil es sich dabei um keinen beachtlichen Rechtsirrtum handelt, sondern nur um die auf Tatsachen beruhende Schlussfolgerung, mangels eines vorhandenen Aktivnachlasses nichts geerbt zu haben.
b) Die auf dem ungenutzten Verstreichenlassen beruhende Fiktion der Annahme gemäß § 1943 BGB und die Versäumung der Ausschlagungsfrist hat die Beteiligte zu 1) indes durch ihre Anfechtungserklärung gemäß den §§ 1954 ff BGB iVm § 119 Abs. 1 BGB beseitigt mit der in § 1975 Abs. 1 BGB geregelten gegenläufigen Wirkung, dass die (fiktive) Annahme als Ausschlagung gilt.
aa) Die Beteiligte zu 1) hat sich nach ihren Angaben in der Erklärung vom 13.11.1996 darüber geirrt, dass es der Ausschlagung der Erbschaft bedarf und dass die Versäumung der Ausschlagungsfrist von Gesetzes wegen zur Annahme führt. Hierin liegt nach allg. Auffassung (vgl. BayObLG MittRhNotK 1979, 159, 160; OLG Hamm OLGZ 1985, 286; BayObLGZ 1993, 88; BayObLG NJW-RR 1994, 586; OLG Rostock NJW-RR 2012, 1356 Rn 17; OLG Düsseldorf NJW-RR 2013, 122 Rn 12; Leipold in: MüKo, 6. Auflage 2013, § 1956 Rn 7 ff; Palandt-Weidlich, BGB, 73. Auflage 2014, Rn 2) seit der Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ 143, 419, 422 f ein beachtlicher Anfechtungsgrund gemäß § 1956 BGB, und zwar ein Erklärungsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 2. Fall BGB (so RG, aaO).
bb) Gemäß § 119 Abs. 1 BGB setzt die wirksame Anfechtung weiter die Feststellung voraus, dass der Anfechtende "bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles" die angefochtene Erklärung nicht abgegeben hätte. Für diese Kausalitätsprüfung ist eine objektive Wertung vorzunehmen, die auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlagungsfrist abstellt (Leipold, aaO Rn 9; OLG Hamm, Beschluss vom 29.1.2009 – I-15 Wx 213/08, NJW-RR 2009, 1664 = FamRZ 2009, 1353 Rn 22). Voraussetzung des Anfechtungsrechtes ist mithin, dass ohne den Irrtum weder der Irrende noch auch ein unparteiischer Beobachter bei verständiger Würdigung der Gesamtheit der Umstände die Annahme erklärt oder die Abgabe einer wirksamen Ausschlagungserklärung versäumt hätte (RGZ, aaO S. 424).
(1) Für den hypothetischen Kausalverlauf sind nach Auffassung des Senats die dem Anfechtenden zum Zeitpunkt des Fristablaufs bekannten und darüber hinaus auch die für ihn damals mit zumutbarer Anstrengung erfahrbaren Umstände zugrunde zu legen, nicht jedoch die erst wesentlich später bekannt gewordenen Tatsachen, die zu der weiteren "Anfechtung der Anfechtung" geführt haben. Denn die für die Kausalitätsprüfung hypothetisch zugrunde zu legende "Kenntnis der Sachlage" bezieht sich auf den speziellen Sachverhalt, hinsichtlich dessen der Anfechtende bei der Abgabe der Erklärung – die bei der Annahme durch Ablauf der Ausschlagungsfrist fingiert wird – im Irrtum war, nicht auf die Kenntnis aller später jemals bekannt gewordener Umstände. Eine derart weite Einschränkung des Anfechtungsrechtes durch die Kausalitätsprüfung würde über den Gesetzeszweck der Kausalitätsprüfung auf objektiver Tatsachengrundlage wei...