Bei der Errichtung eines öffentlichen Testaments hat der Notar sich nach § 28 BeurkG davon zu überzeugen, dass der Erblasser testierfähig ist und seine Wahrnehmungen darüber in der Niederschrift zu vermerken und die Beteiligten entsprechend zu belehren (§ 17 BeurkG). § 28 BeurkG stellt die verfahrensrechtliche Sicherstellung von § 2229 Abs. 4 BGB dar.
Es handelt sich nur um eine gesetzlich normierte Beweissicherung. An die Feststellung ist aber das Gericht später nicht gebunden; sie entfaltet lediglich indizielle Wirkung und kann allein aufgrund konkreter Umstände begründete Zweifel an der Testierfähigkeit nicht entkräften.
Der oft zu lesende Satz, dass bei einem ordnungsgemäß errichteten öffentlichen Testament eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Testierfähigkeit spricht, ist so nicht richtig, spricht doch generell die Vermutung für die Testierfähigkeit, die schlicht durch den allgemeinen Vermerk des Notars bestätigt wird. Erst Recht ist die Annahme Klingelhöffers, dass ein notarielles Testament, das die Testierfähigkeit bestätigt, fast nie wegen Testierunfähigkeit angegriffen wird, nicht richtig.
Hat der Notar mehr als diesen Vermerk aufgenommen, aber für die Testierfähigkeit plädiert, so mag man erhöhte Anforderungen an ein qualifiziertes Bestreiten stellen und wird im Falle der Begründung von Zweifeln an der Testierfähigkeit hierdurch den Notar als Zeugen vernehmen. Hat der Notar seine Zweifel an der Testierfähigkeit bekundet, so spricht schon allein dies für die Aufnahme von Amtsermittlungen.
Der Notar darf bei einer volljährigen Person grds. von Testierfähigkeit ausgehen und ohne besondere Umstände ist er nicht zur Nachforschung verpflichtet, und es genügt die allgemeine Angabe, der Notar habe sich von der Testierfähigkeit überzeugt (oder besser: dem Notar sei nichts aufgefallen, was gegen eine Testierfähigkeit sprechen könnte). Ergeben sich aber aus einem auffälligen Verhalten im Termin oder sonstigen Umständen (z. B. Angaben Dritter, etwa über eine schwere Erkrankung des Erblassers) Zweifel, so ist der Notar in besonderer Weise zur Prüfung verpflichtet.
In Bezug auf die psychopathologischen Kurztests ist aber Vorsicht geboten, da sie ein Fachgutachten nie ersetzen können und die richtige Handhabung durch den Notar als neurologischem Laien nicht sichergestellt werden kann; denn auch der Notar ist kein "Universalgelehrter". Durch das "Fassadenphänomen" kann der Betreffende gegenüber dem Notar den Eindruck der Testierfähigkeit erwecken. Der Notar hat in solchen Fällen Erkundungen anzustellen, z. B. das Pflegepersonal oder den Hausarzt zu konsultieren, ggf. mit Einverständnis der Beteiligten ein Gutachten einzuholen.
Hat der Notar Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Erblassers, so ist er aber nicht berechtigt, gegen den Willen des Erblassers die Beurkundung ohne ein die Testierfähigkeit des Erblassers bestätigendes Gutachten abzulehnen; der Beurkundung muss aber ein Vermerk über seine Zweifel beigefügt werden.
Dabei sollte der Notar nicht nur vermerken, dass er "Zweifel an der Testierfähigkeit" habe. Vielmehr sind die rein tatsächlichen Wahrnehmungen des Verhaltens des Erblassers aufzuzeichnen, da sie für spätere Gutachten wertvolle Hinweise liefern können. Nur die tatsächlichen Wahrnehmungen des Notars zur Testierfähigkeit des Testierenden werden von der Beweiskraft des § 415 ZPO erfasst, nicht jedoch das Urteil des Notars über die Testierfähigkeit.
Die erforderlichen Feststellungen seitens des Notars sind hierbei nicht in erster Linie bei der Begrüßung oder dem einleitenden Gespräch, sondern im Rahmen des Beurkundungshauptverfahrens zu treffen, weil der Notar beim Vorlesen und Erörtern im Rahmen seiner Belehrungen nach § 17 BeurkG die Verständnisfähigkeit des Erblassers am besten einschätzen kann; nach § 17 Abs. 1 BeurkG hat der Notar den Willen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäftes zu belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Urkunde wiederzugeben. Hierbei soll er darauf achten, dass Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden.
Verstößt der Notar fahrlässig oder vorsätzlich gegen seine Pflichten aus § 28 BeurkG, so kann es zu einem Disziplinarverfahren gegen ihn kommen.