Leitsatz
Trifft ein Erblasser in einem notariellen Testament die Anordnung einer Testamentsvollstreckung und formuliert sodann: "Die Bestimmung des Testamentsvollstreckers erfolgt gesondert privatschriftlich.", so liegt hierin kein Ersuchen an das Nachlassgericht zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers gemäß § 2200 BGB.
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 20. September 2016 – 20 W 158/16
Aus den Gründen
Der Beteiligte zu 1) wendet sich mit seiner frist- und formgemäß eingegangenen Beschwerde vom 19.5.2016, auf die wegen ihres Inhalts im Einzelnen Bezug genommen wird (Bl 45 f der Akte), gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 25.4.2016, auf den ebenfalls Bezug genommen wird (Bl 41 der Akte), mit dem das Nachlassgericht es abgelehnt hat, einen Testamentsvollstrecker nach der Erblasserin zu ernennen. Der Beteiligte zu 1) ist der Auffassung, das Nachlassgericht habe bei Beachtung des letzten Willens der Erblasserin, wie er in deren hier maßgeblichen notariellen Testament vom 14.12.2011 (Urkunde des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2, als Notar, Nr. .../2011) niedergelegt ist, eine derartige Ernennung eines Testamentsvollstreckers unter Anwendung von § 2200 Abs. 1 BGB vornehmen müssen. Demgegenüber teilt der Senat die Auffassung des Nachlassgerichts, dass dem genannten Testament, auf das wegen seines Inhalts im Einzelnen Bezug genommen wird (Bl 64 ff der Akte des Nachlassgerichts zu Az. …), ein Ersuchen der Erblasserin im Sinne von § 2200 Abs. 1 BGB an das Nachlassgericht, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen, weder ausdrücklich noch konkludent zu entnehmen ist. Somit bedarf es hier keiner Entscheidung darüber, ob die Beschwerde des Beteiligten zu 1), der in dem genannten Testament als Sohn der Erblasserin von der Erbfolge ausdrücklich ausgeschlossen worden ist und hier mithin lediglich als Pflichtteilsberechtigter auftritt, überhaupt zulässig ist. (...)
Dass das maßgebliche oben bezeichnete Testament der Erblasserin kein ausdrückliches Ersuchen an das Nachlassgericht auf Bestellung eines Testamentsvollstreckers im Sinne von § 2200 Abs. 1 BGB enthält, ist offensichtlich und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Weiterhin verkennt der Senat nicht, dass in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Tendenz besteht, auf dem Wege einer wohlwollenden (§ 2084 BGB) oder ergänzenden Testamentsauslegung zu einer Ernennungszuständigkeit des Nachlassgerichts zu gelangen, in dem "keine strengeren Anforderungen" bzw. keine "überspannten Anforderungen" an die Feststellung eines Ersuchens im Sinne des § 2200 Abs. 1 BGB gestellt werden (vgl. hierzu u. a. Zimmermann, in MüKo-BGB, 6. Aufl. 2013, § 2200, Rn 4 mwN zur Rspr.; auch bereits u. a. OLG Hamm, Beschl. v. 28.10.1975, – 15 Wx 156/74, zitiert nach beck-online; OLG Schleswig, Beschl. v. 6.7.2015 – 3 Wx 41/15, zitiert nach juris, Rn 30; Lange in Beck'scher Online-Kommentar BGB, Bamberger/Roth, Stand 1. August 2016, § 2200, Rn 2 mwN). Selbst unter Zugrundelegung eines derartigen wohlwollenden Maßstabs kann dem maßgeblichen Testament der Erblasserin vom 14.12.2011 jedoch auch ein konkludentes Ernennungsersuchen an das Nachlassgericht nicht entnommen werden. Zwar hat die Erblasserin unter VI. des Testaments zunächst erklärt, sie ordne Testamentsvollstreckung an. Im Satz unmittelbar danach – und noch vor der nachfolgenden Regelung des Umfangs und der Vergütung für den Testamentsvollstrecker – hat sie dann jedoch weiterhin erklärt:
Zitat
"Die Bestimmung des Testamentsvollstreckers erfolgt gesondert privatschriftlich."
Es handelt sich hier somit nicht um einen regelmäßig den Gegenstand der obergerichtlichen Rechtsprechung betreffenden Fall, in dem ein Erblasser zunächst eine Testamentsvollstreckung angeordnet und nachfolgend im Testament auch bereits die Person des von ihm ausgewählten Testamentsvollstreckers benannt hat – oder wenigstens die Person eines Dritten nach § 2198 Abs. 1 BGB, der den Testamentsvollstrecker bestimmen soll – und die dann nachfolgend – aus welchen Gründen auch immer – in Wegfall geraten ist. In diesen Fällen stellt sich dann immer die Frage, ob dieser Wegfall der benannten Personen unter Heranziehung allgemeiner Auslegungsgrundsätze – u. a. auch unter Berücksichtigung der Frage, ob die zuvor erfolgte Benennung personenbezogen war, oder ob es dem Erblasser auch auf eine dauerhafte Testamentsvollstreckung, unabhängig von der Person des von ihm eingesetzten Testamentsvollstreckers angekommen war – zu einem Ersuchen im Sinne von § 2200 Abs. 1 BGB führt.
Hier hat sich die Erblasserin jedoch die Bestimmung des Testamentsvollstreckers ausdrücklich durch gesonderte privatschriftliche Bestimmung vorbehalten. Diese ausdrückliche inhaltliche Gestaltung des Testaments spricht bereits dafür, dass die zuvor erfolgte Anordnung der Testamentsvollstreckung unter der Bedingung einer entsprechenden Bestimmung der Person des Testamentsvollstreckers durch die Erblasserin stand. Einen Anhalt dafür, dass die Erblasserin eine derartige Person gesondert privatschriftlich, bestimmt...