Das OLG legt in seinem Beschluss nicht dar, dass es von dem eben aufgezeigten anderen Verständnis des Gleichzeitigkeitsbegriffs ausgeht, sondern gibt vor, sich in dem dargelegten (siehe oben C. II.) regelmäßigen Auslegungsrahmen zu bewegen. Dann verfängt es jedoch nicht, wenn es argumentiert, der Gleichzeitigkeitsbegriff sei erfüllt, weil der Erblasser nur 15 Wochen und vier Tage nach seiner Ehefrau verstorben ist und zwischenzeitlich durch den Tod seiner Ehefrau, der ihn "völlig aus der Bahn geworfen habe", "zutiefst erschüttert" gewesen sei, sodass ihm eine erneute Testierung praktisch nicht möglich gewesen sei. Diese Subsumtion ist im konkreten Fall nicht nachvollziehbar. Denn der Erblasser verstarb – und dies zudem aufgrund eines unabhängigen Ereignisses – erst mehr als drei Monate nach seiner Ehefrau. Bei einer über dreimonatigen Überlebenszeit müssten schon gehörige Gründe vorliegen, welche die Möglichkeit einer Testierung ausschließen; solche sind hier nicht ersichtlich. Es wurde nicht dargelegt, dass sich der Erblasser in der Überlebenszeit körperlich in einem solchen Gesundheitszustand befunden hat, der einer Testierung im Wege stand. Darüber hinaus wäre es ihm trotz einer etwaigen Beeinträchtigung durch den Tod seiner Ehefrau psychisch möglich gewesen, neu zu testieren. Dafür spricht insbesondere Folgendes: Nach dem vom Amtsgericht – Nachlassgericht zugrunde gelegten Sachverhalt, hat sich der Erblasser gegenüber den Beschwerdeführern geäußert, er hätte sie als Erben eingesetzt. Dies zeigt deutlich auf, dass der Erblasser sich über die Erbfolge nach ihm und damit über eine etwaige Notwendigkeit einer neuen Testierung, zu derer in der Lage gewesen wäre, Gedanken gemacht hat. Er hat sich aber bewusst (!) dagegen entschieden. Auch wenn der Erblasser noch viele Jahre gelebt hätte, hätte er nicht mehr neu testiert, weil er dachte, bereits alles Notwendige verfügt zu haben. Diese (fehlerhafte) Vorstellung muss jedoch – sofern man vorgibt, sich im Rahmen des regelmäßig anzunehmenden Begriffsverständnisses zu bewegen – für die Frage, ob ein "gleichzeitiges" Versterben vorliegt, irrelevant sein. Gegen die Subsumtion des OLG spricht schließlich auch noch folgende Überlegung: Hätte der Erblasser nach dem Tod seiner Ehefrau einen Erbschein beantragt, hätte er – mit der Begründung, dass der gleichzeitige Tod nicht mehr eintreten könne – mit großer Wahrscheinlichkeit einen Erbschein ohne Nacherbenvermerk erhalten; es ist kaum vorstellbar, dass man ihn darauf hingewiesen hätte, es könnte sein, dass er in nächster Zeit versterben und bis dahin nicht mehr testieren könnte, also die Gleichzeitigkeitsklausel noch greifen könnte.
Zwar nicht die Begründung, aber zumindest das Ergebnis des OLG Nürnberg könnte folglich nur haltbar sein, wenn die konkrete Gleichzeitigkeitsformulierung in dem anderen, viel weitgehenderen Sinn (siehe oben C. III.) auszulegen wäre. Im hier vorliegenden Fall hätte dieser Weg jedoch nicht zu dem erzielten Ergebnis führen können. Zum einen lässt sich aus der gegenüber den Beschwerdeführern getätigten Aussage des Erblassers nicht ableiten, dass der Erblasser zu dem für die Auslegung grundsätzlich relevanten Zeitpunkt der Testamentserrichtung von einem vom Regelfall abweichenden Verständnis des Gleichzeitigkeitsbegriffs ausgegangen ist. Es ist genauso denkbar, dass der Erblasser damals um die Bedeutung seiner genauen Formulierung wusste und die Art der Formulierung oder deren Bedeutung lediglich zwischenzeitlich vergessen hatte. Zum anderen war jedenfalls in dem formwirksam errichteten Testament überhaupt nichts angedeutet, was auf ein vom Regelfall abweichendes Begriffsverständnis des Erblassers hinweisen würde. Insofern ist letztlich richtig, dass das OLG den eben aufgezeigten Weg eines erweiterten Begriffsverständnisses nicht eingeschlagen hat. Dies bedeutet aufgrund der oben aufgezeigten Erwägungen dann aber, dass das Ergebnis auch mit anderer Begründung nicht haltbar wäre.
Im Ergebnis ignoriert das OLG das Wort "gleichzeitig" im streitgegenständlichen Testament faktisch, es behandelt das Wort letztlich als ungeschrieben. In der Konsequenz nimmt das OLG dem Erblasser seine negative Testierfreiheit. Auch wenn sich der Erblasser die Beschwerdeführer als Erben gewünscht hat und davon ausgegangen sein sollte, diese Verfügung auch tatsächlich getroffen zu haben, spielt sein Wunsch bzw. seine Vorstellung insoweit keine Rolle, da er seinen Willen schlicht und ergreifend nicht (formwirksam) testiert hat. Der Gesetzgeber hat die Formvorschriften mit gutem Grund eingeführt. Dass es hierdurch auch im Einzelfall zu unbillig erscheinenden Ergebnissen kommen kann, muss aufgrund übergeordneter Erwägungen hingenommen werden.