Leitsatz
1. Nach Einführung des FamFG ist die Auffassung, dass ein Erbschein oder ein Testamentsvollstreckerzeugnis nur aufgrund der örtlichen Unzuständigkeit des erteilenden Gerichts einzuziehen ist (§ 2361 Abs. 1 BGB iVm § 2368 Abs. 2 BGB) möglicherweise überholt.
2. Das Nachlassgericht hat bei der Feststellung der örtlichen Zuständigkeit etwaigen Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Wohnungswechsels nicht nachzugehen. Es ist zu unterstellen, dass der Erblasser zu diesem Zeitpunkt uneingeschränkt geschäftsfähig war.
OLG Köln, Beschluss vom 6. Februar 2015 – 2 Wx 27/15
Sachverhalt
Am 28.11.2007 verstarb in Bonn die am 1.2.1917 geborene Frau J. M.. Der Beteiligte zu 3. ist einer von zwei Söhnen der Erblasserin; die Beteiligen zu 1. und 2. sind die Ehefrau bzw. die Tochter des zwischenzeitlich ebenfalls verstorbenen weiteren Sohnes der Erblasserin. Die Erblasserin wohnte bis zum Mai 2007 in Weiterstadt-Gräfenhausen im Bezirk des Amtsgerichts Darmstadt. Von dort zog sie – jeweils ohne melderechtliche Registrierung – nach Sinzig-Bad Bodendorf und im September 2007 in das Seniorenheim in Troisdorf. Am 21.11.2007 meldete der Beteiligte zu 3. die Erblasserin unter seiner Wohnanschrift nach Niederkassel-Rheidt um. Diese Ummeldung wurde vom Bürgermeister der Stadt Niederkassel nachträglich berichtigt, sodass melderechtlich wieder die Anschrift der Erblasserin in Weiterstadt als Hauptwohnung gilt. Mit privatschriftlichem Testament vom 18.04.2007 hatte die Erblasserin ihre beiden Söhne zu je 1/2-Anteil zu ihren Erben eingesetzt und den Beteiligten zu 3. zum Testamentsvollstrecker ernannt. Zugunsten der Beteiligten zu 1. ist in dem Testament ein Vermächtnis in Höhe von 30.000,00 EUR ausgesetzt. Dem Beteiligten zu 3. ist am 15.9.2010 vom Amtsgericht Siegburg ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt worden (Bl 8 f dA). Einen auf Entlassung des Beteiligten zu 3. als Testamentsvollstrecker gerichteten Antrag der Beteiligten zu 1. und 2. hat der Senat im Beschwerdeverfahren 2 Wx 321/12 mit Beschluss vom 21.12.2012 (Bl 282 ff dA), auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz an das Nachlassgericht vom 2.4.2014 (Bl 353 dA) wiesen die Beteiligten zu 1. und 2. auf den bereits in dem o. g. Beschwerdeverfahren angesprochenen Umstand hin, dass der Beteiligte zu 3. die Erblasserin eine Woche vor ihrem Tod "illegal … umgemeldet" habe, sodass das Testamentsvollstreckerzeugnis – ebenso wie der im Verfahren 46 VI 136/08 erteilte Erbschein – am falschen Ort beantragt und erteilt worden sei. Dies hat das Nachlassgericht veranlasst, in Ermittlungen über die Geschäftsfähigkeit der Erblasserin einzutreten und sodann mit am 25.11.2014 erlassenem Beschluss vom 24.11.2014, auf den wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes Bezug genommen wird, das am 15.9.2010 erteilte Testamentsvollstreckerzeugnis einzuziehen. Dieses sei unrichtig im Sinne des § 2361 BGB, weil das Amtsgericht Siegburg bei dessen Erteilung unzuständig gewesen sei. Die Erblasserin sei nämlich nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen bei ihrem Umzug in das Seniorenheim in Troisdorf sowie bei ihrer späteren Anmeldung am Wohnort des Beteiligten zu 3. in Niederkassel nicht mehr geschäftsfähig gewesen; dementsprechend habe sie dort nicht wirksam einen Wohnsitz im Sinne des § 343 Abs. 1 FamFG begründen können. Gegen diesen ihm am 27.11.2014 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 3. mit Schriftsatz vom 23.12.2014, beim Amtsgericht am selben Tage eingegangen, Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 9.1.2015, erlassen am 12.01.2015, nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Aus den Gründen
Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen in zulässiger Weise, insbesondere nach Maßgabe der §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 2 FamFG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 3. hat auch in der Sache selbst Erfolg.
1. Ergibt sich, dass ein erteiltes Testamentsvollstreckerzeugnis unrichtig ist, so hat das Nachlassgericht dieses gemäß den §§ 2368 Abs. 2, 2361 Abs. 1 BGB einzuziehen. Dabei können auch Verfahrensfehler die Unrichtigkeit begründen und die Einziehung gebieten; wegen der weitreichenden Folgen der Einziehung muss dies aber auf schwerwiegende Fälle beschränkt bleiben (MüKo/Mayer, BGB, 6. Aufl. 2013, § 2361 Rn 8). In diesem Zusammenhang entspricht es herrschender, auch vom Nachlassgericht zugrunde gelegter Auffassung, dass ein derartiger schwerwiegender Fehler auch dann vorliegt, wenn das Testamentsvollstreckerzeugnis von einem örtlich unzuständigen Gericht erteilt worden ist (vgl. etwa OLG Frankfurt a.M. FamRZ 2002, 112; KG NJW-RR 2012, 459; Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl. 2015, § 2361 Rn 3; Staudinger/Herzog, BGB, Neubarb. § 2361 Rn mwN). Diese Grundsätze erlauben die Einziehung des erteilten Testamentsvollstreckerzeugnies im vorliegenden Fall allerdings nicht.
a) Der Senat hat schon Zweifel, ob die dargelegte Auffassung überhaupt...