Die rechtliche Definition des Begriffs "Erbrecht" im Sinne der ARB geht dem Grunde nach davon aus, dass hierbei "die Gesamtheit der privatrechtlichen Vorschriften, die den Übergang des Vermögens eines Verstorbenen auf dessen Rechtsnachfolger sowie deren Verhältnis zueinander aufgrund der gemeinsamen Erbschaft regeln und vornehmlich – aber nicht ausschließlich – im Fünften Buch des BGB enthalten sind" gemeint sei. Nach dieser Definition sind hier insbesondere die Regelungen der §§ 1922 bis 2385 BGB betroffen und darüber hinaus beispielsweise die speziellen Bestimmungen in Bezug auf erbrechtliche Regelungen der Land- und Forstwirte, z. B. die Höfeordnung.
Unstreitig fallen hierunter keine Ansprüche auf Schadensersatz oder aus Vertragsrecht, die bereits in der Person des Erblassers entstanden und nach dessen Tod auf seinen Rechtsnachfolger übergegangen sind – dies gilt sogar dann, wenn der Anspruch letztendlich durch einen Testamentsvollstrecker geltend gemacht wird. Auch Ansprüche aus einem Erbschaftskauf fallen nicht unter die Ausschlussklausel, denn die Regelungen in den §§ 2371 bis 2385 BGB betreffen ausschließlich bestimmte Formvorschriften, die bei der Veräußerung einer Erbschaft zu beachten sind.
Nach dieser Definition käme es somit lediglich darauf an, ob der geltend gemachte Anspruch vorrangig dem 5. Buch des BGB sowie zugehöriger Spezialgesetze zuzuordnen ist, d. h. die Anspruchsgrundlage einer der dort angesiedelten bzw. in Bezug genommenen Normen entspringt.
Auf den ersten Blick scheint die "Beschränkung" des Ausschlusses auf solche Ansprüche, deren Anspruchsgrundlage im 5. Buch des BGB bzw. den speziellen Gesetzen, wie beispielsweise der HöfeO, zu finden sind, im Interesse des Versicherungsnehmers zu stehen und damit diese Auslegung zu stützen. Insbesondere der Wortlaut der ARB, der hier ausschließlich auf "Streitigkeiten aus dem Bereich des Erbrechtes" bzw. "erbrechtliche Angelegenheiten" abstellt, lässt diese Auslegung zunächst richtig erscheinen.
Bei näherer Betrachtung ergeben sich hierbei jedoch erhebliche Wertungswidersprüche: Der durchschnittliche Versicherungsnehmer als juristischer Laie, der ein Interesse an einem möglichst umfassenden Versicherungsschutz hat, weiß typischerweise nicht, welche Ansprüche im 5. Buch des BGB zu finden sind. Vielmehr ist dem juristischen Laien weder bekannt, in welchem Gesetz an welcher Stelle das Erbrecht hauptsächlich geregelt wird, noch welchen Inhalt die dortigen Normen haben. Hierbei ist zudem zu beachten, dass das 5. Buch des BGB nach der o. g. Definition die erbrechtlichen Ansprüche zwar vornehmlich, aber eben nicht abschließend regelt. Für den juristisch nicht vorgebildeten Versicherungsnehmer stellt die Vielzahl der gesetzlichen Regelungen den viel zitierten "Paragraphendschungel" dar, der nur mit Hilfe juristischer Beratung durchdrungen werden kann.
Es ist daher zweifelhaft, wenn nicht sogar ausgeschlossen, dass jenem verständigen, nicht juristisch vorgebildeten durchschnittlichen Versicherungsnehmer bei alleiniger Betrachtung der Formulierung der ARB bewusst ist, in welchem Umfang nach dieser Definition Versicherungsschutz bestehen soll.
Auch wenn es sich bei Abstellen auf die Herkuft der Anspruchsgrundlage um eine Möglichkeit "der einfachen und schnellen Überprüfung der Eintrittspflicht des Versicherers" handelt, werden daher bei ausschließlicher Zugrundelegung dieser Definition nicht die Interessen sowohl des Versicherers als auch des Versicherungsnehmers gleichermaßen gewahrt.